Bulgarien und die USA haben die Einführung eines neuen Systems zur allumfassenden Grenzkontrolle vereinbart, das keinen Analog in Europa hat und sehr bald in vollem Umfang zu funktionieren beginnt. Das gab Innenministerin Rumjana Batschwarowa vor zwei Tagen bekannt, ohne aber auf Details einzugehen, da es sich hierbei um vertrauliche Informationen handelt. Anfang Oktober wurde in Bulgarien an der Grenze zur Türkei der offizielle Startschuss der neuen Europäischen Agentur für Grenz- und Küstenwache gegeben. Die Befürchtungen, dass sich der Migrationsdruck auf Bulgarien nach der Schließung der sogenannten „Balkanroute“ verstärken könnte, haben sich nicht bewahrheitet. Dafür schwillt aber der Flüchtlingsstrom aus Bulgarien in Richtung Westeuropa an.
Die Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei, die zugleich auch eine EU-Außengrenze ist, wird nunmehr nicht nur von bulgarischen Grenzsoldaten, sondern auch von knapp 200 Offizieren von der neuen europäischen Grenz- und Küstenwache geschützt. Sie sind mit modernster Technik ausgerüstet, darunter auch zur Überwachung aus der Luft. Die neue europäische Agentur, die nicht nur illegaler Einwanderung entgegenwirken, sondern auch Risikoanalysen vornehmen wird, ist befugt, von den bulgarischen Behörden Maßnahmen zur Überwindung der Schwachpunkte bei der Bewachung seiner Grenzen zu verlangen. Aus Sicherheitsgründen wurden keine Einzelheiten über das neue Grenzmanagementsystem mitgeteilt. Klar ist jedoch, dass es nicht nur an der Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei zum Einsatz kommt, sondern auch an den restlichen Land-, Wasser- und Luftgrenzen – sowohl bei der Einreise als auch bei der Ausreise. Die Unterzeichnung der Vereinbarung mit den USA erfolgte Ende September 2016 in Erfüllung des 2012 paraphierten Abkommens zur Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität. Der Austausch von Fingerabdruck- und DNA-Daten soll der Vorbeugung und Untersuchung von Schwerstverbrechen dienen und die bilaterale Zusammenarbeit bei der Ermittlung potentieller Terroristen, Migrantenschmuggler, Schleuser und Fälscher von Reisedokumenten fördern. Während der Visite des stellvertretenden US-Innenministers Alan Bersin in Sofia wurde klar, dass Bulgarien Zugang zum US-Informationssystem über Risikomigranten erhalten wird.
Obwohl es sich dabei um ein bilaterales Abkommen handelt, wird auch die EU daraus profitieren, da es auch bei der Einschätzung von Risikomigranten zum Einsatz kommt, die Bulgarien in Richtung West- und Mitteleuropa verlassen wollen. Wie eingangs bereits erwähnt, steigt deren Zahl, während der Zustrom aus der Türkei momentan nachgelassen hat. Ein indirekter Beweis dafür sind Informationen aus den letzten Tagen, dass allein vom 1. bis zum 15. Dezember ca. 600 Personen aus den Flüchtlingsaufnahmezentren geflohen sind und die Polizei nicht weiß, wo sie sich aufhalten. Im November haben 1.647 Migranten auf eigene Faust besagte Flüchtlingszentren verlassen. Ergo hat man in anderthalb Monaten die Spuren von 2.247 Personen verloren. Es zeichnet sich also der besorgniserregende Trend ab, dass die Zahl der Migranten, denen die Flucht nach Westeuropa geglückt ist, bei weitem größer ist als die jener, die von der Polizei gefasst werden konnten. Vom 1. Januar bis zum 15. Dezember dieses Jahres sind mehr als 18.000 illegale Migranten nach Bulgarien geströmt und das führt uns die Ausmaße des Problems vor Augen. Ob das neue System zum Schutz der Landesgrenzen und die Abschiebung von illegalen Migranten, die im Dezember eingesetzt hat, eine Wende herbeiführen werden, wird sich in den ersten Monaten 2017 zeigen.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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