Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2024 Alle Rechte vorbehalten

Was folgt nach dem diesjährigen Wirtschaftspeak?

БНР Новини
Foto: Archiv

Die bulgarische Wirtschaft hat im ausgehenden Jahr eine echte Glanzleistung vollbracht und sich mit einem BIP-Wachstum von über 3 Prozent auf den EU-weit zweiten Platz hochgearbeitet. In die Staatskasse ist eine Milliarde Euro mehr als im Vorjahr geflossen, der IWF hat einen Budgetüberschuss registriert, die Zahl der ausländischen Touristen ist auf 10 Millionen geklettert – fast doppelt so viel wie die Bevölkerung Bulgariens. Doch das ist bei weitem nicht alles. Erwähnenswert unter den positiven Fakten ist die spürbare Anhebung der Gehälter, die in Sofia sogar den EU-Durchschnitt erreicht haben. Sprich: Der Zustand der bulgarischen Wirtschaft ist gut und die einfachen Bulgaren spüren das konkret in ihrem Portemonnaie. Beachtenswert ist zudem, dass der Wirtschaftsboom vor dem Hintergrund einer bis vor kurzem noch stabilen politischen und sozialen Lage erfolgte. Bis in den Monat November hinein hat das zweite Kabinett der GERB-Partei und ihre oft unberechenbaren Koalitionspartner ruhig und ohne nennenswerte Spannungen regiert. Selbst der Flüchtlingskrise konnte gekonnt ausgewichen und vorgebeugt werden, indem sich Bulgarien just an dem Platz auf der Karte Europas erwiesen hat, wo es auch hingehört – an der Peripherie der massiven Migrationsströme und fern von den wichtigsten Zielscheiben im Visier der Terroristen.

„Zu viel des Guten ist auch nicht gut“, meinten unsere weisen Vorfahren mit Blick auf ihre reichen Lebenserfahrungen und die historischen Fakten. Diese Weisheit scheint sich auch bei der bulgarischen Konjunktur im Jahr 2017 zu bewahrheiten. Es gibt nämlich – selbst im bulgarischen Finanzministerium – kaum einen Analysten oder Wirtschafts- und Finanzexperten, der nicht mit einer Verlangsamung des Wachstumstempos rechnen würde. Manche meinten sogar, die bulgarische Wirtschaft habe sich überhitzt, müsse nun zurückschalten, damit ein Rückgang der Businesstemperatur zu normalen, beständigen Werten erfolgt. Das Land und die Bulgaren erwartet aber nichts Dramatisches. Das BIP wird weiter ansteigen, die Staatskasse wird sich mit Geld für Staatsausgaben füllen, man rechnet damit, dass neue EU-Subventionen im Rahmen der neuen fünfjährigen Programmperiode ins Land fließen und die Einnahmen der Arbeitstätigen erhöht werden, wobei dieser Prozess gleich ab dem 1. Januar mit einer 9-prozentigen Anhebung des Mindestarbeitslohns eingeläutet wird.

Unerwartete Erschütterungen der ohnehin unruhigen Lage in Europa, im Nahen Osten und in Nordafrika könnten aber einen dicken Strich durch die Rechnung der bulgarischen Unternehmer und Politiker ziehen. Die größte Gefahr ist aber intern – die politische Destabilisierung, die im November eingesetzt hat und mindestens bis zu den vorgezogenen Parlamentswahlen im Frühjahr 2017 anhalten wird. Sechs Monate politische Beben, Unsicherheit und Ungewissheit können aber selbst eine extrem stabile und prosperierende Wirtschaft ins Wanken bringen. Zum Glück stellen die anstehenden politischen Ereignisse, so unangenehm sie auch sein mögen, nichts Ungewöhnliches und Außerordentliches für ein demokratisches Land dar. Die bulgarische Wirtschaft hat bereits solide Erfahrungen, wenn es darum geht, Maßnahmen zu ergreifen, um die negativen Auswirkungen politischer Erschütterungen und Änderungen zu reduzieren. Außerdem ist sie mittlerweile erstarkt und verfügt über die nötigen Reserven und Puffer, um sich zu schützen. All das hat nicht zu bedeuten, dass die bulgarische Wirtschaft keine Probleme hätte. Sie hat eine Vielzahl an Problemen und das größte ist die akute und tiefe Krise auf dem Arbeitsmarkt, wo der Mangel an qualifizierten Fachkräften bereits dramatische Ausmaße annimmt und eine Bedrohung für Unternehmen jeder Art darstellt, egal in welcher Branche sie auch agieren. Dieses Problem kann nicht wie von Zauberhand aus der Welt geschafft werden, es setzt Zeit, Mühe und langfristige Maßnahmen voraus. Was zu bedeuten hat, dass sich die Lage in Sachen Fachkräftemangel auch 2017 nicht verbessern wird, egal was man auch unternehmen mag und genau das wird einer der größten Stolpersteine für die bulgarische Wirtschaft sein.

Übersetzung: Rossiza Radulowa



Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

Direkte Verhandlung über 35 Triebwagen im Wert von 550 Mio. Euro

Verkehrsminister Georgi Gwosdejkow soll den Vertrag über den Kauf von 35 neuen Triebwagen direkt aushandeln. Vier Unternehmen wurden eingeladen, an der Ausschreibung teilzunehmen. Sie waren auch an dem früheren Auftrag über die Lieferung von sieben..

veröffentlicht am 07.05.24 um 08:59
Adian Nikolow

Mangel an Fachkräften in der Industrie wird zur Lohnsteigerung führen

Im Jahr 2023 lag der Anteil der jungen Menschen bis 29 Jahre, die nicht erwerbstätig oder in Ausbildung sind, bei 13,8 %, verglichen mit 15,1 % im Vorjahr. Im Vergleich zur EU bleibt dieser Anteil in Bulgarien jedoch hoch.  Ein Siebtel der nicht..

veröffentlicht am 19.04.24 um 11:41
Dimitar Radew

BNB-Chef: Bulgarien könnte nicht am 1. Januar, sondern später im Jahr 2025 dem Euroraum beitreten

„Ein Beitritt zum Euroraum zu einem späteren Zeitpunkt im Jahr 2025 ist ein mögliches und derzeit wahrscheinlicheres Szenario.“ Das sagte der Gouverneur der Bulgarischen Nationalbank (BNB), Dimitar Radew, in einem Interview mit der BTA in Washington..

veröffentlicht am 18.04.24 um 11:00