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„Gesundes Neues Jahr!“ auf traditionell bulgarische Art

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Foto: Archiv

Bis heute teilt der Volkskalender hierzulande die Neujahrsfeste in drei Höhepunkte ein – die Geburt Christi am 25. Dezember, also Weihnachten, die Namensgebung Jesu am 1. Januar und die heilige Taufe am Johannistag am 6. Januar. Dementsprechend feiert auch die orthodoxe Kirche, obwohl die meisten Riten aus vorchristlicher Zeit stammen. Die orthodoxe Kirche in Bulgarien hat aber diese Feste übernommen.

Die Festtafel an allen Tagen zwischen Weihnachten und Johannistag wurde vom Familienvater beweihräuchert; deshalb nennt man die Abende auch noch "Weihabende". Die alten Bulgaren glaubten, dadurch die dunklen Mächte im neuen Jahr abzuschrecken, denn sie scheuen den Weihrauch. Auf dem Tisch in der Silvesternacht dürfen drei Dinge nicht fehlen – selbstgebackenes Brot, Schweinefleisch und der typische bulgarische Blätterteigkuchen – die Banitza.

Erst nach dem Abendessen folgten die Glücks- und Gesundheitswünsche. Unter den Klängen von Volksliedern wünschten die Kinder mit ihren bunten Neujahrsruten Glück und viel Erfolg im neuen Jahr. Auch heute noch bastelt man hierzulande Neujahrsruten aus Zweigen der Kornelkirsche, die mit selbstgebackenen Brezeln und buntem Papierschmuck verziert werden. Die Kornelkirsche symbolisiert die Gesundheit, denn die Zweige dieses Strauchs sind besonders zähe und widerstandsfähig. Die jungen Männer ihrerseits warteten bis zum Sonnenaufgang, um loszuziehen.

Der bulgarische Folklorekalender vermerkte den Jahreswechsel besonders, nicht weil ein neues Kalenderjahr anbrach, sondern weil am 1. Januar der Tag des heiligen Basilius des Großen begangen wird. Dann feiern alle, die den Namen des Heiligen tragen. Er lebte übrigens im 4. Jahrhundert und gilt zu den bedeutendsten Kirchenvätern. Doch auch hier vermischen sich heidnische und christliche Bräuche, denn am gleichen Tag ehrte man nach alter Tradition das Mädchen Wassilija, die eine beliebte Wahrsagerin aus vorchristlicher Zeit war. Sie war für ihre Wahrsagungen über die künftige Ehe der Mädchen bekannt. Und so vollführten die heiratsfähigen Mädchen einige Rituale und orakelten über ihre künftige Ehe. Sie tauchten ihre Fingerringe in einen kleinen Wasserkessel, der die Silvesternacht über unter freiem Himmel blieb. Das Wasser musste unbedingt aus einer guten Quelle stammen. Die Fingerringe band man an kleine Sträußchen ewig grüner Pflanzen, wie Waldstorchschnabel, Basilikum u.a. Am frühen Morgen des 1. Januar versammelten sich die Mädchen und sangen den ganzen Tag lang in Erwartung der sogenannten Surwakari – die Knaben und die jungen Männer, die zum Neujahr Glück- und Gesundheitswünsche überbrachten. Abhängig davon, welcher Ring aus dem Wasserkessel herausgeholt wurde, als die Junggesellen ins Haus kamen, wusste man, welches Mädchen als erstes im neuen Jahr heiraten würde. Die Junggesellen trugen auch die für die Hochzeit typischen Trachten – um die Schulter wurden bunte Handtücher gebunden, um den Hals band man ihnen rote, blaue und grüne Perlen um. An die traditionelle Pelzmütze wurde Efeu und anderes immergrünes Laub gebunden. Die Vorbereitung ähnelte den Hochzeitsritualen. In den Häusern, wo sie als willkommene Gäste erwartet waren, beschenkte man sie mit selbstgebackenen Brezeln, trockenen Früchten, Würstchen, Popcorn und man schenkte ihnen Silbermünzen. Im Haus des Mädchens fand dann anschließend eine Art Wettsingen statt.

Die Surwakari zogen jedoch nicht nur in der Silvesternacht durch die Häuser, sondern auch in der Zeit zwischen Weihnachten und dem Iwanstag am 7. Januar. Diese Tage werden auch noch "schmutzige Tage" genannt, denn dies sei die Zeit der dämonischen Kräfte, als Christus geboren, aber noch nicht getauft worden war. Die heilige Taufe findet am Johannistag am 6. Januar. Aus den verschiedenen Landesteilen sind unterschiedliche Neujahrsbräuche bekannt. Was sie alle gemein haben, ist die Andeutung auf eine Hochzeit, auf einen neuen Anfang.

Eine Art Beantwortung des Heiratswunsches folgte im neuen Jahr am 2. Januar, als sich die Junggesellen erneut versammelten und durch das Dorf zogen, jedoch nicht in die Häuser hineingelassen wurden. Vor der Haustür der Auserwählten fanden sie von der Mutter des Mädchens vorbereitete Geschenke vor, falls der Junge als künftiger Schwiegersohn gutgeheißen wurde. Die Geschenke hatten auch ihre symbolische Bedeutung – dazu gehörten ein buntes Handtuch, Rotwein und Kleingeld. Das Handtuch steht in der bulgarischen Folklore für die reine und ausgewogene Ehe; der Rotwein – für das fröhliche Zusammenleben und das Kleingeld symbolisiert das Wohlergehen der jungen Familie. Nur wenige Tage nach Neujahr, am Iwanstag am 7. Januar, begann sozusagen die Heiratssaison.

Deutsche Fassung: Wladimir Wladimirow



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