Analysten, Regierung, Medien und internationale Finanz- und Wirtschaftsorganisationen beteuern unaufhörlich weiter, wie toll doch das Jahr 2016 für die bulgarische Wirtschaft gewesen sei. Das gilt sowohl für die makrowirtschaftlichen, als auch für die mikrowirtschaftlichen Eckdaten auf Firmenebene. Die Privatwirtschaft und der öffentliche Sektor reiben sich zufrieden die Hände, zumal alle davon ausgehen, dass die Ergebnisse im laufenden Haushaltsjahr wohl bescheidener ausfallen werden.
2016 sind über 17 Milliarden Euro in die Staatskasse geflossen, drei Prozent mehr, als zuvor prognostiziert. 16 Milliarden Euro wurden verausgabt. Letztendlich verbuchte der Staatshaushalt einen Überschuss von 1,6 Prozent des BIP. Wie ist dieses Ergebnis einzuschätzen und wohin fließen nun die nicht verausgabten öffentlichen Mittel?
Auf den ersten Blick erscheint der Überschuss als etwas Positives. Er bescheinigt der Regierung, dass sie gute Arbeit geleistet und fleißig Steuern, Versicherungsbeiträge, Zölle und anderweitige Gebühren eingetrieben hat. Genau das belegen auch die Zahlen – das Steueraufkommen verzeichnet ein Plus von 1,2 Milliarden Euro. Nicht weniger bedeutsam ist, besonders für eine konservative Regierung wie die der GERB-Partei, nicht mehr zu verausgaben als man einnimmt und von diversen sozialistischen Sozial-Luxusleistungen und Extras abzusehen.
Die zweite Regierung unter GERB-Parteichef Bojko Borissow war im Vorjahr in der Tat relativ sparsam. Allerdings wurde sie von einem mehr oder weniger erwarteten Ereignis überrascht, das die Rechnungen ein wenig durcheinanderbrachte. Gemeint sind die 600 Millionen Euro, die Bulgarien für die beiden momentan völlig unnötigen Reaktorblöcke für den imaginären zweiten Atommeiler am Standort Belene zahlen musste. Hinzu kommen weitere 500 Millionen Euro, die die Regierung mit kontroversen Argumenten und in letzter Minute zur Sanierung von Wohnblöcken bereitgestellt hat, wo Hunderttausende Bulgaren in Privatwohnungen leben. Kontroverse Argumente, weil die Ultraliberalen der Regierung vorwerfen, sie würde den Preis durch aufgezwungene Grundsanierung in die Höhe treiben.
Ohne diese beiden unvorhergesehenen Ausgaben wäre der Überschuss noch üppiger ausgefallen. Hier stellt sich die Frage nach der Zweckmäßigkeit eines solchen Überschusses und wofür er am sinnvollsten verausgabt werden sollte. Prinzipiell ist es nicht schlecht, wenn etwas Geld übrig bleibt, zumal es unzählige Interessenten gibt, die gern einen Teil davon abhätten. Verschiedene Sozialbereiche wetteifern darum, wem es am schlechtesten geht – sowohl das Gesundheitswesen, als auch die Pensionäre mit ihren miserablen und entwürdigenden Renten, und das Bildungswesen, und die Wissenschaft, und der Sport, die Armee, die Polizei und so weiter und so fort.
Wie gerecht die Banitza auch verteilt werden mag, Unzufriedene gibt es immer. Die Verteilung birgt übrigens auch die größte Gefahr. Denn bis Mitte des Jahres wird Bulgarien von einem vom Staatspräsidenten gebildeten Übergangskabinett und ohne Parlament regiert. Die Interimsregierung wird es wohl kaum wagen, das Geldsäckel aufzuschnüren und das ohne Zustimmung des Parlaments. In der Praxis wird der Haushaltüberschuss in den kommenden sechs Monaten wohl kaum in Umlauf kommen. Am besten aufgehoben ist er, wie von der Regierung geplant, in der Fiskalreserve, die damit die astronomische Summe von knapp acht Milliarden Euro erreicht.
Übersetzung: Christine Christov
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