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Mit 24 Milliarden Euro Devisenreserven blickt BNB in Richtung Eurozone

Das Finanzsystem in Bulgarien ist sehr eigentümlich und das einzige seinesgleichen in Europa. Der Währungsrat schränkt die Vollmachten der Zentralbank BNB ziemlich ein, sorgt zugleich jedoch auch für strenge Finanzdisziplin. Das Wichtigste aber ist, dass die Landeswährung Lew fest an den Euro gekoppelt ist. So gesehen ist es eigentlich egal, in welcher Währung man bezahlt oder die Preise berechnet. Doch die Realität sieht anders aus – Kunden können in einem normalen bulgarischen Geschäft nicht mit Euro oder sonstigen Devisen zahlen, nur in Lewa. Bei Geschäftsbeziehungen kann aber jeder selbst entscheiden, ob er den Lew oder den Euro bevorzugt.

Bei seinem EU-Beitritt vor zehn Jahren hat sich Bulgarien durch die Unterzeichnung einer Vertragsklausel verpflichtet, nach Erfüllung bestimmter Kriterien und Vorgaben den Euro als Landeswährung einzuführen. Das ist bislang jedoch nicht passiert. Nach Worten des scheidenden Finanzministers Wladislaw Goranow haben wir bis dato nur ein Fünftel des Weges zur Eurozone zurückgelegt. Die BNB ist aber zuversichtlich, binnen eines Jahres alle ungelösten Bankprobleme beheben zu können, die bisher den Beitritt zur Eurozone verhindern. Den größten Trumpf, den die bulgarischen Behörden bei ihren zugegebenermaßen nicht besonders regen Verhandlungen dabei im Ärmel haben, ist die Finanzstabilität des Landes. Mit 24 Milliarden Euro belaufen sich die Devisenreserven Bulgariens auf stolze 160 Prozent der vom Gesetz über den Währungsrat vorgegebenen Summe. Die bulgarische Regierung, im Unterschied zu etlichen anderen in der Eurozone, hat einen Haushaltsüberschuss erzielt. Von einem Defizit kann nicht einmal die Rede sein. Zudem hat Bulgarien die obligatorischen Maastricht-Kriterien (die in der Praxis selten eingehalten werden) schon längst erfüllt.

Auch in diesem Fall lassen sich Parallelen zum Schengenbeitritt Bulgariens ziehen. Alle Schengenstaaten räumen ein, dass Sofia die Beitrittskriterien zur Aufnahme in den Schengenraum bereits erfüllt hat. Obwohl es den schriftlichen Regeln entspricht, scheint Bulgarien dem Geschmack führender westeuropäischer Politiker aber nicht zu entsprechen und wartet weiter vergeblich auf einen Wink von ihnen, dass es vielleicht doch noch Mitglied des Schengener Abkommens wird. Die Parallelen zur Einführung des Euro liegen auf der Hand – auf Papier ist alles Ok, doch in der Realität tun alle, die in puncto Eurozone etwas zu sagen haben, als wären sie mit weitaus wichtigeren Dingen beschäftigt.

Das alles ist erniedrigend für Bulgarien, da ihm auf unmissverständliche Weise demonstriert wird, dass man ihm eine zweitrangige Rolle in der EU zugedacht hat. Bei der Gründung der EU zählte Solidarität zu den Grundpfeilern des vereinten Europa. Heute ist dieses Wort immer seltener zu hören.

Wenn man sich aber den Lauf der Dinge in der EU und deren Dynamik vor Augen führt, könnte sich eines Tages erweisen, dass es für Bulgarien besser ist, außerhalb der Schengen- und der Eurozone zu sein.


Übersetzung: Rossiza Radulowa




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