Die Wahlkampagne für die anstehenden vorgezogenen Parlamentswahlen in Bulgarien läuft auf Hochtouren. Alle 13 Parteien, 9 Koalitionen und 21 Initiativkomitees, die sich daran beteiligen werden, buhlen um die Gunst der Wähler und geizen dabei nicht mit Versprechen – eines schöner als das andere. Wenn es um ihre Geldtasche geht, sprich wenn die Kandidaten von ihren sozialen und Wirtschaftsplattformen reden, werden die Bulgaren aber besonders hellhörig.
Sie haben auch allen Grund dazu, weil ein Drittel unserer Landsleute ein Dasein unter dem Existenzminimum fristet. Mehr als die Hälfte sieht sich als arm an. All diese Menschen wollen aber endlich wie Europäer mit einem akzeptablen Einkommen leben. Die Politiker, die an der Macht sind, müssen ihrer Ansicht nach dafür sorgen. Obwohl das in der Form nicht stimmt und der Lebensstandard nicht immer von der Politik der Regierung abhängt, ist den einfachen Wählern schlichtweg egal. Sie sind der festen Überzeugung, dass die Politiker, die an der Macht sind, für die Lösung ihrer Probleme zu sorgen haben.
Die Wirtschaftsplattformen der politischen Kräfte erwecken den Eindruck, als wären sie oberflächlich und nicht besonders kompetent. Dafür sind sie aber brandaktuell und im Einklang mit dem globalen Modetrend in der Politik – dem Populismus.
Bis vor kurzen standen im Mittelpunkt der Wirtschaftspolitik der bulgarischen Regierung eine restriktive Finanzpolitik und die Finanzierung großangelegter Infrastrukturprojekte. Nun wenden sich die Politiker von den großen Investitionen ab und den Wirtschaftsproblemen der einzelnen Menschen und Familien zu. Die Rede dreht sich um die Einnahmen der Bevölkerung – um Gehälter, Renten, Sozialhilfen. Es gibt keine Partei oder Koalition, die den Akzent ihrer sozial-wirtschaftlichen Politik nicht auf die individuellen Einkommen setzen würde. Und es gibt keine Partei oder Koalition, die nicht behaupten würde, dass sie während ihrer Regierung diese Einkommen um ein Mehrfaches anheben wird. Die einen versichern, der Durchschnittslohn werde am Ende ihrer Amtszeit von 500 auf 750 Euro klettern, der Mindestlohn von 230 auf 330 Euro ansteigen. Andere versprechen, dass kein einziger Bulgare mehr unter der Armutsgrenze leben wird (die derzeit bei 155 Euro liegt). Aber andere verheißen sogar eine Anhebung der Einkommen um satte 50 Prozent, wenn man sie für die kommenden vier Jahre an die Macht wählt.
Wie genau soll all das aber in die Tat umgesetzt werden? Das ist ein wahres Mysterium oder besser gesagt – nebulöse Phrasen und vage Argumente. Es darf aber auf keinen Fall durch eine Anhebung der Steuern erfolgen – dessen sind sich alle einig. Vielleicht auf Kosten des hohen Wirtschaftswachstums, das alle Kandidaten in Aussicht stellen? Aber auch hier mangelt es an Details, die erklären, wie das stabile BIP genau erzielt werden soll. Als mögliches Instrument führen einige die Bekämpfung von Korruption und Schattenwirtschaft an. Das ist zwar schön und gut, doch reicht das allein für einen Zuwachs des nationalen und persönlichen Wohlstands bestimmt nicht aus.
In den sozial-wirtschaftlichen Plattformen der angehenden Abgeordneten werden Probleme wie Inflation, Außenschulden, ausländische Investitionen, Zahlungsbilanz, Außenhandel etc. nur beiläufig erwähnt, wenn überhaupt. Das ist zum einen verständlich, weil die Wahlprogramme nicht für Wirtschaftsexperten, sondern für das breiteste Publikum gedacht sind. Aus diesem Grund können sie auch kein einleuchtendes Bild darüber liefern, was für eine Politik die Politiker führen werden, welche nach den Wahlen an die Macht kommen und ob sie ihre generösen Versprechen auch einlösen werden.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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