Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2024 Alle Rechte vorbehalten

Martha Forsyth und ihre 40jährige Liebe zum zweistimmigen Folkloregesang

БНР Новини
Von links nach rechts: Petra, Slata und Stoja zusammen mit Martha Forsyth, 1988

Martha Forsyth – eine energische Frau aus Boston, gehört zu jenen Erforschern der bulgarischen Musikfolklore, die stets Feuer und Flamme sind, wenn es um den authentischen Klang geht. Ihre Liebe zur bulgarischen Volksmusik entbrannte in ihrer Studienzeit, als sie russische Sprache und Literatur studierte und sich zu einem Lehrgang in slawischer Folklore einschrieb. Ihre Lehrerin führte sie in die Welt der authentischen Folklore Bulgariens ein, in die sich Martha Forsyth für immer verliebte. Seit 1976 begann sie, regelmäßig Bulgarien zu besuchen und sich mit hiesigen Folkloristen und Musikwissenschaftlern der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften zu treffen. Besonders wertvoll waren ihre Forschungsarbeiten vor Ort in den Dörfern um Sofia – Bistritza und Schelesnitza, wie auch in Welingrad.




СнимкаDie ersten Aufnahmen machte ich 1978 mit einem Kassettentonbandgerät für 48 Dollar; dennoch wurden es gute Aufnahmen“, erinnert sich Martha Forsyth. „In drei Monaten füllte ich 50 bis 60 Kassetten. Ich schaltete das Gerät nicht ab, nachdem die Frauen aufhörten zu singen, weil sie nämlich dann anfingen, verschiedene interessante Dinge zu erzählen, um dann das nächste Lied anzustimmen.

Die bulgarische Liedfolklore ist äußerst vielfältig an verschiedensten Rhythmen, Melodien und Gesangstechniken. Martha Forsyth hat sich jedoch auf ein bestimmtes Gebiet konzentriert:

Ich hatte seit Anfang an den zweistimmigen Gesang ins Visier genommen, der in der Region der Schopen, in den westlichen Randgebieten, wie auch im Pirin und in Nedelino gepflegt wird. Dort habe ich wunderbare Freunde. 1990 lud ich die Großmütter aus Bistritza zu einem 21tägigen Besuch in die USA ein. Im Jahr 2000 luden wiederum Freunde von mir zwei 20jährige Mädchen aus Nedelino ein. Sie gaben Konzerte und arbeiteten mit zwei Schwestern aus Amerika, die im gleichen Alter waren. Im Jahre 2006 wurden dann zwei Frauen aus Draginowo eingeladen. Sie betreiben eine Bäckerei und singen stets bei der Arbeit – gerade jene alten Lieder.“




Heute, 40 Jahre nach ihrem ersten Kontakt mit der bulgarischen Musikfolklore, kann Martha Forsyth auf ein beachtliches Archiv verweisen. Zudem hält sie auf verschiedenen Foren Vorträge und hat 1996 ein zweisprachiges Buch herausgegeben, das „Listen Daughter and Remember Well“ heißt und den Liedern von Linka Gergowa gewidmet ist.

Снимка

Alle Aufnahmen meines Archivs habe ich selbst gemacht und es enthält nicht nur Lieder, sondern auch Aufnahmen von Gesprächen“, erzählt uns Martha Forsyth. „Der Kern der Sammlung entstand während drei Expeditionen, die von der Fulbright-Stiftung und dem Internationalen Rat für Wissenschaftsforschung und Austausch (IREX) unterstützt wurden. 1981 forschte ich drei Monate lang vor Ort in Bulgarien und machte dies auch 1985 und 1988. Ziel war, so viele Musikaufnahmen wie nur möglich zu machen und so entstanden jedes Mal um die 50 Audiokassetten. Ich habe die Aufnahmen dann ausgewertet – Wort und Musik notiert. Mittlerweile ist meine Sammlung auf rund 4.000 Aufnahmen angewachsen. Es sind nicht 4.000 unterschiedliche Lieder, denn ich habe etliche Lieder in 5 oder 7 Dörfern in verschiedenen Varianten aufgezeichnet. Nun bin ich an die Digitalisierung des Archivs herangegangen. Es soll der Kongressbibliothek und dem Folklorezentrum des Smithsonian Instituts angeschlossen werden. Mein Archiv soll so für künftige Generationen aufbewahrt werden.

Снимка

Wir fragten Martha Forsyth, warum ihrer Meinung nach die Ausländer so sehr auf bulgarische Folklore stehen?

Das ist schwer zu sagen“, meint sie. „Meiner Ansicht nach mutet sie einerseits exotisch an und andererseits haftet ihre ein Zauber an. Die Rhythmen sind eigenwillig und dennoch beginnen sie einem zu fehlen, wenn man sie eine Zeit lang nicht gehört hat. Nicht alle Menschen lieben jedoch die authentischen alten Bauernlieder. Ich meinerseits befasse mich nicht mit Folklorebearbeitungen. Sie sind aus musikalischer Sicht ansprechend, sind aber keine Folklore mehr. Die Volksmusik wird von den einfachen Menschen geschaffen und weitergegeben – keiner sagt ihnen, wie sie es tun müssen.



Übersetzung: Wladimir Wladimirow

Fotos: Privatarchiv



Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

120. Ausgabe des Rosenfestes in Kasanlak

Anfang Juni findet in Kasanlak die 120. Ausgabe des Rosenfestes statt. Auf dem Fest werden die 55. Gewinnerin des Wettbewerbs „Die Königin der Rosen“, die am 19. Mai gewählt wurde und die nächstplatzierten Mädchen ihre neuen, von der Designerin..

veröffentlicht am 19.05.23 um 06:15

Am anderen Ende der Welt: Bulgarische Folklore als Leidenschaft und Inspiration für Bulgaren in Australien

„Ich glaube, die bulgarische Folklore liegt uns im Blut, sie ist in uns genetisch verankert“ – so begann unser Gespräch mit einer heimatliebenden Bulgarin am anderen Ende der Welt, die es schafft, Generationen von Bulgaren für bulgarische..

veröffentlicht am 08.05.23 um 11:45
Foto: Volkskulturhaus „Swetlina -1907“

Am Vorabend von Georgstag bereiten sich die Einwohner von Jakoruda auf den altertümlichen Brauch „Eintunken der Sträuße“ vor

In Jakoruda, eine Stadt im Südwesten Bulgariens, beginnen die Vorbereitungen für den Georgstag am 6. Mai bereits am Tag davor. Am frühen Morgen holen die Mädchen und Bräute die bunten, für Jakoruda typischen Teppiche und Läufer aus den Kisten ihrer..

veröffentlicht am 05.05.23 um 06:05