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Tag des heiligen Demetrius – Lieder, Überlieferungen und Bräuche

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Die Demetrius-Kirche in Weliko Tarnowo. Im kleinen Bild: Ikone der heiligen Georg und Demetrius
Foto: Archiv

Am 26. Oktober ehrt die orthodoxe Kirche einen Heiligen, der auch im Volkskalender der Bulgaren hoch in Ehren steht. Das ist der heilige Demetrius. Er wurde im 3. Jh. n. Chr. in einer einflussreichen römischen Familie geboren. Nach dem Tod seines Vaters wählte man ihn zum Stadtverwalter der heutigen griechischen Stadt Thessaloniki. Da es sich in der Zeit der Christenverfolgungen weigerte, gegen seine Glaubensbrüder vorzugehen, wurde er eingekerkert und starb später den Märtyrertod. Das geschah am 26. Oktober des Jahres 306. Dasselbe Schicksal ereilte einen Gleichgesinnten namens Nestor, dessen Märtyrertod in der orthodoxen Kirche am darauffolgenden Tag, am 27. Oktober, vermerkt wird.

Der Demetriustag war für die Bulgaren schon immer ein besonderes Fest. Viele Riten und Bräuche an diesem Tag haben aber wenig mit dem christlichen Glauben zu tun, sondern sind viel mehr Elemente des Heidentums, die unter dem Deckmantel des Christentums weiter gepflegt werden. So heißt es im Volksmunde, dass der Winter am Demetriustag Einzug hält, während der Sommer mit dem Georgstag am 6. Mai beginnt. Georg und Demetrius, auf Bulgarisch Georgi und Dimitar sind nach Iwan (zu Deutsch Johannis) nach wie vor die häufigsten männlichen Vornamen.





Dem heiligen Demetrius sind in Bulgarien viele Kirchen geweiht. Die wohl geschichtsträchtigste unter ihnen steht in der alten bulgarischen Reichshauptstadt Tarnowo, in der die ersten Herrscher des Zweiten Bulgarenreiches gekrönt wurden. Am Demetriustag des Jahres 1185 war der Aufstand gegen die byzantinische Fremdherrschaft ausgerufen worden und im Jahr darauf erlangte Bulgarien wieder seine Freiheit. Dieser Erfolg wurde dem heiligen Demetrius zugeschrieben, der laut den ersten Herrschern des Zweiten Bulgarenreiches die byzantinische Stadt Thessaloniki verlassen und nicht mehr schützen würde.




In den Vorstellungen unserer Vorfahren war der heilige Demetrius ein Soldatenheiliger, der auf den Ikonen meist hoch zu Ross dargestellt wird. In einigen Volkslegenden erscheint er als Bruder des Erzengels Michael, der die Seelen der Verstorbenen ins Jenseits begleitet. Aus diesem Grund wurde am Samstag vor dem Demetriustag ein Totengedenktag begangen. In anderen Überlieferungen wird der heilige Demetrius dem heiligen Georg als Bruder zur Seite gestellt. In einem alten Volksmärchen werden beide Heiligen sogar als Zwillingsbrüder beschrieben. Der heilige Demetrius solle über die Macht über den Winterfrost und die Schneestürme haben. Deshalb haben unsere Vorfahren den ersten Schnee stets nach dem 26. Oktober erwartet. Laut einem anderen Märchen fallen die ersten Schneeflocken auf die Erde, wenn der Heilige seinen Bart schüttelt oder kämt. Daher musste einst die Ernte noch vor dem 26. Oktober eingebracht werden. Auch das Brennholz musste unters Dach, damit des draußen nicht durchnässt wird.

Zahlreiche Elemente des Volksglaubens sind mit dem Tag des heiligen Demetrius verbunden. An diesem Tag orakelt man gern, denn er stellte ja eine Art Wende im Kalender dar. Wenn beispielsweise am Demetriustag Vollmond war, meinte man, dass die Bienen viel Honig produzieren werden. Es gab früher eine sehr bekannte Bauernregel, die mit der Wettervorhersage verbunden war. Es musste darauf geachtet werden, wo sich die Kuh im Stall am Demetriustag zuerst lecken wird – an einem Vorder- oder an einem Hinterbein. Im ersten Fall war dies eine Warnung, dass der Winter lange dauern wird. Im zweiten Fall war dies ein Zeichen für einen kurzen und nicht so frostigen Winter.




Der Demetriustag kündigt jedoch nicht nur den Winter an, der Entbehrungen bescheren konnte, er gab auch Anlass zu zahlreichen Volksfesten. Auf diese Feste freuten sich die Bauern, denn dies bedeutete das Ende der langen und schweren Entezeit. Mit dem Demetriustag begann im Kalender unserer Vorfahren die Periode der Hochzeiten. Im Sommer hatten die Bauern auf dem Feld voll auf zu tun und konnten sich daher keine ausgiebigen Feste leisten, denn man musste zuerst für den Winter vorsorgen. Im Herbst begann jedoch die Uhr langsamer zu ticken, das quirlige Leben draußen verlagerte sich in Haus und Hof. Die Frauen widmeten sich vollends der Hausarbeit, während sich die Männer um das Großvieh kümmerten, den Holzvorrat für den Winter auffüllten und an die Wartung der landwirtschaftlichen Geräte und die Karren gingen. Es blieb aber auch Zeit für ein gemütliches Beisammensein zu Hause, während dem man Pläne für die bevorstehenden großen Feste machte, darunter Hochzeiten und natürlich Weihnachten.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow



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