Die heilige Barbara wird von der Ost- und der Westkirche gleichermaßen hoch verehrt, zumal sie lange vor der Kirchenspaltung lebte, nämlich an der Wende vom 3. zum 4. Jahrhundert. Ihr Festtag ist der 4. Dezember – der Tag, an dem sie den Märtyrertod starb.
Eine alte Legende erzählt, dass die Heilige aus dem Dorf Eleschnitza in Südwestbulgarien stammen würde. An dem Ort, an dem man ihr das Haupt abschlug, entsprang eine Mineralwasserquelle mit heilbringenden Eigenschaften. Diese Überlieferung hat u.a. ein russischer Athos-Mönch bestätigt, der an dieser Quelle Heilung seiner Leiden gefunden hat. In der Region werden noch eine Reihe weiterer Legenden erzählt, die von der Popularität dieser Heiligen künden.
In den bulgarischen Traditionen gilt sie als Beschützern der Kinder, besonders vor Krankheiten, speziell den Pocken. Ähnlich wie zum Tag der Heiligen Katharina bereiteten die Frauen früh morgens kleine Ritualbrote zu – in der Form einer Sichel waren sie für die Burschen bestimmt, in der Form von Puppen – für die Mädchen. Dieses Gebäck wurde mit Honig bestrichen und vor der Haustür an zufällige Passanten verteilt. Man kochte außerdem Weizen, Mais und Bohnen, die man an die Nachbarn gab, damit auch sie gesund bleiben.
Man vollführte ferner spezielle Rituale, die den Kindern Gesundheit bescheren sollten. Bereits früh am Morgen wurden im Freien kleine Feuer entfacht. Diese mussten unbedingt ungerader Zahl sein. Jedes Kind brachte etwas Holz und eine Handvoll weiße Bohnen, die dann in einem Tontopf gekocht wurden. Bevor man Salz und Zwiebeln hinzuführte, wurden einige Bohnen entnommen und je drei auf dem Knie eines jeden Kindes gelegt. Dieses Ritual nahm ein Kind vor, dass das letztgeborene einer Familie war – also das sogenannte Nesthäkchen. Die Kinder saßen nun rings herum und mussten die drei Bohnen aufessen, ohne dabei die Hände zu benutzen. Die Hirten des Dorfes ihrerseits nahmen ebenfalls einige der gekochten Bohnen für ihre Schafe, damit auch sie nicht an Pocken erkranken und wenn doch, damit sie schneller wieder gesund werden.
Unsere Vorfahren waren überzeugt, dass ab dem Tag der heiligen Barbara bis zum Ignatius-Tag am 20. Dezember die Sonne am Tage um eine Nadelspitze höher klettere, wobei sich an ihrem Festtag der helle und der dunkle Teil des Tages die Waage halten würden. An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass früher die Bulgaren den Tag der heiligen Barbara nach dem Julianischen Kalender am 17. Dezember begingen, was auch etliche orthodoxe Kirchen bis heute noch tun (den Ignatius-Tag entsprechend am 2. Januar). Somit deckt sich diese Bauernregel in etwa mit der astronomischen Wintersonnenwende am 20. oder 21. Dezember.
Die Feuer, die am Tag der heiligen Barbara entzündet wurden, mussten von den Kindern auch übersprungen werden – ein Brauch der allgemein zum heidnischen Fest der Wintersonnenwende vollführt wurde und in christlicher Zeit weiterlebte.
Da das Fest in die vorweihnachtliche Fastenzeit fällt, durften nur Fastenspeisen zubereitet werden. Man glaubte, dass die heilige Barbara die Schwester des heiligen Sawa, der am Tag darauf am 5. Dezember verehrt wird, und des heiligen Nikolaus (am 6. Dezember) sei. Sie sind übrigens die ersten drei wichtigen Namenstage im Dezember, die die Südslawen begehen. Mit dem Tag der heiligen Barbara begannen einst auch die Winterfeste der Bulgaren.
Das Fest nannte man in einigen Regionen Bulgariens auch Frauenweihnachten, weil an diesem Tag die Mädchen in Sonntagstracht von Haus zu Haus gingen und Gesundheit und Wohlergehen wünschten. Die Hausfrauen beschenkten sie ihrerseits mit Trockenobst, Bohnen, Äpfeln und Mehl.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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