Der Kater Rumen stürmt herein und wirkt wie eine Droge. Aus diesem Grund starten Tausende seiner Anhänger jeden Morgen mit verschlafenen Augen und der noch dampfenden Tasse Kaffee in der Hand ihren Laptop.

Rumen ist die Facebook-Version der TV-Prediger hinter dem großen Teich. Der Unterschied zu ihnen ist, dass er sich nicht hinter einer falschen Moral versteckt, sondern den Freuden des Lebens frönt – Dorade, bequemes Sofa, Plüschtier zum Kauen. In seiner eigenwilligen Rumen-Sprache bringt er die Sentenzen des Lebens zum Ausdruck. In seinem Haus herrscht eine stramme Subordination. Er genießt Privilegien und sie hat Pflichten.

„Hallo, ich heiße Natalia und bin momentan bekannter als R.K. – die Reinemacherfrau des Katzenklos von Rumen. Von Beruf bin ich Architektin, von Berufung... weiß es noch nicht genau. Der Kater Rumen ist ein acht Monate alter British blue, Sternzeichen Widder, von Beruf Internetkatze. Er liebt es Dorade zu fressen und sein Gehirn "auszuschütten". Er ist meiner Meinung nach ein besonders frecher Kater mit unerschütterlicher Selbstsicherheit, pardonlos, doch dafür ist er sehr charmant. Von mir sagt er, dass ich ein verstörtes, bemitleidenswertes Wesen bin, das absolut keine Ahnung hat, wie es seine Alltags- und Lebensprobleme bewältigt und deshalb dringend Anleitung braucht. Und da er so gut ist, gibt er mir diese Anleitungen.“

Eines Morgens ist Natalia Atanassowa mit dem klaren Gedanken aufgewacht, dass wenn sie bis zum Abend keine Katze bekommt, die Menschheit sich auf etwas gefasst machen kann. Eilig hat sie das Internet durchstöbert und ist so auf einen entzückenden Wurf von Britisch blue gestoßen. Eines der Kätzchen ist bei ihrem Anblick sofort unter die Couch gekrochen, wo es ohnehin den lieben langen Tag verbringt. Der Besitzer der Katzen empfahl ihr sogar, es nicht zu nehmen, weil es sehr eigenartig wäre. Doch Natalia entschied sich anders und so hatte der kleine Kater noch am gleichen Tag eine neue Couch, weil er nicht nur zu lächeln schien, sondern auch eine angeborene Lebensweisheit besaß. Er hat sich überhaupt nicht um etwas in seinem Leben bemüht, weder dass sie seine Besitzerin wird, noch um etwas anderes. Damit seine Prophezeiungen die anderen Menschen erreichen, hat Natalia für Rumen eine Facebook-Seite eingerichtet. Da aber Rumen ein britischer Aristokrat und das Bulgarische nicht seine Muttersprache ist, ist die linguistische Polizei auf ihn aufmerksam geworden und verzeiht ihm nicht.

„Jeder, der die Seite besucht, kann sich überzeugen, dass seine Sprache tatsächlich grässlich ist und es eine Herausforderung ist, sie zu lesen“, sagt Natalia. „Doch man kann nichts tun. Es gibt keine Möglichkeit, eine Katze zu zwingen, Regeln einzuhalten, noch weniger die Schreibregeln."

Rumens Tag spielt sich hinter vier Wänden ab in der Gesellschaft des gespenstischen Kronleuchters Namens Ruth, des Todfeinds Strachil – eine Straßenkatze vom Hinterhof, die seit Kurzem am benachbarten Fenster sitzt, der Plüschmaus Zezka und des Tagebuches von R.K., in das er skrupellos hineinlugt.

Nur vor wenigen Wochen musste Kater Rumen seinem Ruhm Tribut zollen und den groben Zusammenstoß mit der Außenwelt auf einer Katzenausstellung erleben. Er hat nicht nur die Auszeichnung "Blogger des Jahres" bekommen, sondern vergab auch Autogrammkarten für seine Fans, die vor dem Gebäude des Museums "Mensch und Erde" in Sofia, wo die Ausstellung stattfand, eine richtig lange Schlange bildeten, als würde es wie zu Ostzeiten Bananen geben.

„Ich war auf das, was passiert ist, gar nicht vorbereitet“, gibt Natalia zu. „Ich bin zur Ausstellung mit der Einstellung gekommen, mir dort ein wenig die Zeit zu vertreiben, mir andere schöne Katzen anzuschauen und Kaffee zu trinken. Während der ganzen Zeit gab es aber an unserem Stand Menschen, die sich auf Rumen freuten und Autogramme wollten. Letztendlich haben wir es geschafft, über ein Tausend Euro zu sammeln, die wir Let’s adopt Bulgaria für die Behandlung von kranken Straßentieren gespendet haben. Deshalb bin ich sehr stolz auf Rumen, der eigentlich gar nicht so egozentrisch ist wie er vorgibt. Bedauerlicherweise hatte ich weniger Autogrammkarten als nötig und so mussten viele, die stundenlang gewartet hatten, leer ausgehen.“

Rumen hat für den 19. Dezember eine weitere Überraschung vorbereitet, auch dieses Mal zugunsten der Straßentiere. In einem der Sofioter Klubs wird er einen Luxuskalender mit seinem Antlitz und seinen unverwechselbaren Sentenzen verkaufen. Die weiseste darunter lautet: Das wichtigste ist, dass du schön bist. Alles andere ist Eitelkeit.

Übersetzung: Georgetta Janewa

Fotos: Privatarchiv