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"Herz auf der Hand" – Rumen Stoitschkows „große Geschichten kleiner Leute“

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Foto: Privatarchiv

Unser Dorf war einst sehr groß. Es war ein wunderschöner, märchenhafter Ort. Zu jedem Fest haben wir uns versammelt, haben getanzt und gelacht“, erinnert sich mit Wehmut an diese längst vergangenen Zeiten die 90-jährige Elena Stoikowa aus Zarwariza. „Nachts liege ich wach und denke darüber nach was einst war und was aus uns geworden ist.“ Die alte Frau erzählt Rumen Stoitschkow, unserem Kollegen vom Programm Horizont des Bulgarischen Nationalen Rundfunks, dass sie von Kindesbeinen auf arbeitet und noch nie im Urlaub war. Jetzt aber gibt es nichts, worüber sie sich freuen kann. Es gibt viele solcher Geschichten, die der Autor auf seinen unermüdlichen Reisen durch die abgelegensten Dörfer unseres Landes gesammelt und jetzt in seinem Buch "Herz auf der Hand" niedergeschrieben hat.

СнимкаDas Buch wurde vor Kurzem in einem der Sofioter Literaturklubs vorgestellt und fand großen Zuspruch beim Publikum. Rumen Leonidow, Dichter und Journalist, bezeichnete die Neuerscheinung als „mutige und exakte Fotografie des heutigen Bulgariens, die den künftigen Generationen als Erinnerung bleiben wird.“

Dieses Buch hätte eine gute Lektüre für Politiker abgeben können, doch sie lesen so etwas nicht“, bedauert Rumen Leonidow. „"Herz auf der Hand" ist eine Galerie von Bildern unserer Zeitgenossen und Mitbürger verschiedener Generationen. Allein der Fakt, dass ein Journalist sich aufgemacht hat, um mit ihnen zu sprechen, dass er diesen Menschen seine Aufmerksamkeit geschenkt hat, bedeutet sehr viel für sie. Es gibt ihnen Hoffnung. In allem was Rumen Stoitschkow geschrieben hat, spiegeln wir uns wider. Es ist auch ein Zeichen für unsere künftigen Nachfolger.

Die Dörfer, die Rumen Stoitschkow bereist hat, liegen in wunderschönen Gegenden. „Dörfer, die in der Ebene liegen, sind für mich uninteressant“, gibt der Autor zu. „Die Dörfer, über die ich schreibe, liegen in der Regel auf einem Berg. Dort ist das Leben schwieriger, die Straßen sind schlecht, die dort lebenden Menschen aber sind weiser als stünden sie Gott näher als die anderen Menschen. Dafür ist der Staat sehr weit. Für manch einen von uns sind die dortigen Lebensbedingungen unvorstellbar.

Foto: Rumen StoitschkowIn zahlreichen Rundfunksendungen erzählt Rumen Stoitschkow von den Problemen der Menschen in diesen abgelegenen Dörfern. Im Buch hat er versucht, wertvolle und charakteristische Dinge wie Traditionen, Bräuche und die zwischenmenschlichen Beziehungen authentisch wiederzugeben.

Ich erinnere mich an das 20 km von Gabrowo gelegene Dorf Gostilniza“, erzählt Rumen Stoitschkow. „Dort findet an jedem 15. Februar ein eigenartiges Treiben statt. Am dem Tag versammeln sich die Dorfbewohner, vor allem Frauen, in einem der Häuser. Sie verkleiden sich und gehen von Haus zu Haus, in die Kneipe oder ins Geschäft, eigentlich überall, wo Menschen ein und ausgehen. Treffen sie auf einen Mann, wird der geschnappt und es wird versucht, ihn in die Lüfte zu werfen. Die Männer müssen dann versuchen, sich freizukaufen. Einigen gelingt es, sich freizukaufen oder zu fliehen, doch wer es nicht schafft, muss sich die Kniffe an den Pobacken von den Frauen gefallen lassen. Dieses Ritual soll die Unfruchtbarkeit verscheuchen. Eigentlich hatten die alten Bulgaren keine Probleme mit dieser modernen Erscheinung. Die meisten von ihnen hatten 8-10 Kinder. Trotzdem wurde das Ritual jedes Jahr aufs neue zelebriert. Gegen Abend versammeln sich die Dorfbewohner in einem Hof, zünden ein großes Feuer an und versuchen es zu überspringen. Für mich war es sehr interessant, etwas über diesen aussterbenden Brauch zu erfahren, von dem ich nie zuvor gehört hatte. Und überhaupt, in diesem Buch habe ich versucht alles festzuhalten, was ich während meiner Reisen als einen volkstümlichen Reichtum empfunden habe.

Übersetzung: Georgetta Janewa



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