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Der unvergessene Iwajlo Petrow – ein kompromissloser Kritiker unserer Zeit

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Prof. Michail Nedeltschew und die Direktorin der Sofioter Stadtbibliothek Julia Zinsowa

Als im Jahre 1985 der Roman von Iwajlo Petrow „Treibjagd nach Wölfen“ erschien, war man verunsichert, ob man ihn nicht lieber verbieten sollte. Das war unmittelbar vor der Wende in Bulgarien. Der Roman schaffte es und verwandelte seinen Autor in einen Klassiker der Epoche des sozialistischen Bulgarien. Er war es, der die Wahrheit über jene Zeit sagte und das auf unverblümte Art, ohne auch nur einen seiner Helden zu idealisieren.“ Das sagte der Literaturkritiker Prof. Michail Nedeltschew über den unvergessenen Schriftsteller Iwajlo Petrow, der am 19. Januar 95 Jahre alt geworden wäre.

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Obwohl er nicht mehr unter uns weilt, bewegen seine Bücher weiterhin die Menschen. Ein Beweis dafür war das zahlreiche Publikum, das sich in der Stadtbibliothek in Sofia einfand, um sich an einer Gedenkveranstaltung zu beteiligen, auf der an sein Werk erinnert wurde – Bücher, wie auch eigenhändig gemalte Bilder. Zugegen waren hochrangige Intellektuelle Bulgariens, darunter Prof. Michail Nedeltschew.

Mit „Treibjagd nach Wölfen“ verwandelte sich Iwajlo Petrow in einen Klassiker der neuen bulgarischen Literatur“, sagte der Literaturkritiker in seinem Vortrag. „Es handelt sich um ein epochales Werk, dass die Sünden anderer bedeutender Schriftsteller tilgte, denen die Zeit der 50er und 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts ihren Stempel aufgedrückt hatte und sie zu Kompromissen in ihrem Schaffen verleitete. Das Buch von Iwajlo Petrow ist erbarmungslos und gleichzeitig voller Liebe gegenüber den Menschen in Bulgarien. Es ist weder Satire, noch eine Groteske. Es ist ein Buch der Läuterung jener, die es mit Verständnis lesen. Ich habe oft mit Iwajlo Petrow gesprochen – wir waren Kollegen im Verlag „Bulgarischer Schriftsteller“. Die Treffen mit ihm waren eine Herausforderung, weil er ein äußerst anspruchsvoller Gesprächspartner war. Er legte großen Wert auf die Sprache und war kompromisslos gegenüber dem Sinngehalt. Gleichzeitig damit war er ein Scherzbold, er liebte den Humor, jedoch nicht das hohle und sinnlose Vergnügen, sondern das scharfsinnige Wort. Er lachte nie laut, sondern sprach ruhig und leise und hörte stets mit Aufmerksamkeit seinem Gesprächspartner zu.“

Über Iwajlo Petrow sind sich die Literaturkritiker einig, dass alle seine Bücher stets beim Publikum ankommen. Das Buch „Treibjagd nach Wölfen“ sei ein Bestseller. „Mit diesem Buch hat Iwajlo Petrow die Epoche des Sozialismus verlassen und sie einer Kritik unterworfen“, meint Prof. Michail Nedeltschew und setzt fort:

Der Roman verdeutlicht, wie die Ideologie einen Menschen in ein wildes Tier verwandeln kann, wie sie mit ihrer Aggressivität und Pseudohumanität ihn zum Mörder werden lässt und wie das Gewebe der Gesellschaft zersetzt wird. Iwajlo Petrow kannte sich in den komplizierten gesellschaftlichen Prozessen der 50er, 60er und 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts bestens aus. Er sprach sich gleichzeitig gegen den konservativen Geist und das traditionelle Moralverständnis aus, gegen all das, was einen begabten Menschen vernichten kann. Das Schlimmste, was uns im Leben geschehen kann sind „leere Zeiten“. Das sind schwarze Löcher, die uns verschlingen – als Persönlichkeiten und die Gesellschaft als Ganzes. In dieser Beziehung hat uns Iwajlo Petrow das Maß, die Zeichen und die Sujets gegeben, damit wir aus der Vergangenheit lernen…

Übersetzung: Wladimir Wladimirow

Fotos: Gergana Mantschewa



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