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Mit Liebe und Anerkennung in Angedenken an Dinka Russewa

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Foto: Archiv

Die namhafte bulgarische Volksliedsängerin Dinka Russewa verstarb vor wenigen Tagen, keine zwei Wochen nach ihrem 70. Geburtstag. Wir werden sie nicht nur als eine außerordentlich begabte Interpretin der thrakischen Liedfolklore in Erinnerung behalten, sondern auch als ein herzensguter Mensch. Folklorefreunde und Kollegen schätzen ihre Aufnahmen hoch ein, die auch künftigen Generationen etwas zu sagen haben werden.




Dinka Russewa wurde in dem Dorf Pet Mogili in der Nähe der ostbulgarischen Stadt Sliwen geboren. Als Kind lauschte sie dem Hirtenflötenspiel ihres Vaters und sang häufig unter seiner Begleitung. Einen ersten großen Erfolg erntete sie 1968 auf dem Folklorefest von Sliwen, von wo sie mit einer Goldmedaille nach Hause zurückkehrte. Das machte sie jenseits ihres Heimatdorfes bekannt und man begann sie zu Hochzeiten, Volksfesten und Folklorekonzerten einzuladen, auf denen sie die Lieder ihrer Heimatregion Thrakien vortrug. Auf Empfehlung des virtuosen Fiedelspielers Atanas Waltschew sang sie etliche Lieder im Bulgarischen Nationalen Rundfunk ein. Begleitet wurde sie dabei von der Instrumentalgruppe von Waltschew, später auch vom Volksmusikorchester des Rundfunks.




Als begehrte Solistin der Hochzeitsorchester beteiligte sie sich alljährlich im Sommer am Festival für Hochzeitsmusik, während dem dann ein Liederwettbewerb organisiert wurde, der unter dem Motto „Mit den Liedern von Dinka Russewa“ lief. Festival und Wettbewerb stellten eine gute Gelegenheit für die Volksmusikorchester der bulgarischen Folkloreregion Thrakien dar, ihr Können unter Beweis zu stellen. Das Publikum seinerseits kam nicht nur in den Genuss der verschiedenen Interpretationen, sondern konnte sich an den Massen-Reigen beteiligen.




Todor Todorow – ein großer Verehrer der Kunst von Dinka Russewa und Freund ihrer Familie erinnert sich an die Sängerin:

Mit Dinka Russewa machte mich der Fiedelspieler Atanas Waltschew bekannt. Er rief mich per Telefon an und sagte: „Ich habe auf einer der Hochzeiten in Thrakien eine phantastische Sängerin entdeckt“. Dinka Russewa sang nicht nur hervorragend, sie konnte auch sehr gut Akkordeon spielen. Im trauten Kreis stimmte sie nicht nur Volkslieder an, sondern konnte auch viele der Schlager der Pop-Diva Lili Iwanowa. Über das Können von Dinka Russewa wird viel erzählt – ich meinerseits kann nur bestätigen, dass sie einzigartig war. Viele Sängerinnen versuchen, sie nachzuahmen, kommen jedoch in keiner Weise an ihre feine Gesangsweise heran. Man verstand jedes einzelne Wort, das sie sang, was für den Hörer, vor allem für den uneingeweihten, sehr wichtig ist. Ich habe viele Erinnerungen – an sie, ihre Familie und ihre Kinder. Ihr ältester Sohn Dragan ist Akkordeonist geworden, der jetzt in der Schweiz lebt und arbeitet. Ihr jüngster Sohn spielt Klarinette und Saxophon in der Gruppe von Iwo Papasow, nunmehr auch im Orchester „Südrhythmen“ von Todor Koschucharow. Dinka Russewa hat ungemein viel gesungen – auf verschiedenen Festen, wie Hochzeiten, Taufen, Weihen und Volksfesten. Leider hat sie keine eigenständige CD produziert; sie hat einzig vor mehr als 30 Jahren eine Langspielplatte bei „Balkanton“ eingesungen. Hoffentlich findet sich jemand, der die von ihr aufgenommenen Lieder als CD herausbringt – zur Freude ihrer Fans und natürlich der Nachwuchssänger. Unter ihren Schülerinnen sind übrigens die Pop-Folk-Sängerinnen Emilia und Dessislawa. Sie freute sich sehr, wenn die Nachwuchssängerinnen und Sänger ihre Lieder nachsangen. Dinka Russewa war ein überaus fröhlicher und stets positiv eingestellter Mensch. Sie hasste den Tratsch und mochte alle ihre Kollegen. Von Beruf her war sie eine Tierwirtin. Hierzu erinnere ich mich an eine lustige Begebenheit: Als sie eine Schafzuchtfarm besuchte, hatten sie Hunde angefallen – ihr ist glücklicherweise nichts passiert. In einem Konzert, dass sie unmittelbar darauf in Tschirpan gab, sang sie ein Volkslied, in dem es u.a. heißt: „...die Hunde erkannten mich nicht und bellten mich an; es blieb mir nichts übrig, als Reißaus zu nehmen...“ Erst als sie diese Worte sang, musste sie daran denken, was ihr vor kurzem selbst passiert war, fing an zu lachen und konnte das Lied nicht zu Ende singen. Dinka war auf vielen meiner Familienfeste, darunter zu Geburtstagen und der Hochzeit meiner Tochter. Wir haben uns häufig gegenseitig besucht... Gott hab sie selig! Eines ihrer Lieder heißt „Am Himmel erstrahlten die Sterne“. Ich hoffe, dass sie nun hoch oben bei ihnen ist und wie sie strahlt. Sie wird für immer im Herzen der Folklorefreunde bleiben. Solang es Bulgarien und die bulgarische Folklore gibt, wird man stets über Dinka Russewa sprechen. Bleibt zu hoffen, dass einige ihrer Lieder in die Musiklehrbücher aufgenommen werden.




Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow



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