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50 Jahre Kammerchor „Polyphonia“

„Wir arbeiten einzig aus Liebe zur Musik“

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Foto: Privatarchiv

„Dieser Chor stellt den Gipfel europäischer Chorkunst dar.“ Diese Worte des tschechischen Komponisten Věroslav Neumann sind nur ein Teil der Wertschätzungen, die der Arbeit dieser Formation entgegengebracht werden. Der Kammerchor hat in den 50 Jahren seines Bestehens die angesehensten Preise errungen, darunter auf den Wettbewerben „Let the Peoples Sing“ – BBC London (1970), „Guido d'Arezzo“ – Italien (1971), „Béla Bartók“ – Ungarn (1976), dem Internationalen Chorfestival – Warna (1977) sowie sechs Erste Preise in allen Kategorien des Wettbewerbs in Gorizia in Italien (1986) und viele weitere Auszeichnungen in Tschechien, Spanien, Griechenland, Deutschland und Österreich. Diese Erfolge sind maßgeblich seinem ersten Dirigenten, Iwelin Dimitrow, zu verdanken, der dem Chor 40 Jahre seines Lebens gewidmet hat. Der 2008 im Alter von 77 Jahren verstorbene Dimitrow ist als Komponist, Dirigent und Musikpädagoge in die bulgarische Musikgeschichte eingegangen.


Die Arbeit mit Künstlern wie Iwelin Dimitrow hinterlässt in einem Menschen bleibende Spuren“, versichert uns Katja Dimanowa, eine der Choristinnen. „Er hat sich nicht nur geschmacksbildend ausgewirkt, sondern auch größtenteils unsere Einstellung zur Musik, unsere Lebens- und Verhaltensweise geprägt.

Unter der Stabführung von Iwelin Dimitrow interpretierte der Chor „Polyphonia“ Werke der verschiedensten Musikepochen. Häufig sang er auch unter der Begleitung der Kammervereinigung „Sofioter Solisten“, der Sofioter Philharmonie und des Symphonieorchesters des Bulgarischen Nationalen Rundfunks.

In den vergangenen 10 Jahren wird der Chor von Ljudmila Gerowa geleitet, die treu der Maxime ihres Lehrers in seinen Fußstapfen tritt: „Wir arbeiten einzig aus Liebe zur Musik“. Neben ihrer Arbeit als Dirigentin, wirkt sie selbst auch als Sängerin und ist langjährige Produzentin von Opernmusik am Bulgarischen Nationalen Rundfunk.


Der Anfang unseres Chores wurde gesetzt, als wir aus Altersgründen den Kinderchor „Bodra Smjana“ verlassen mussten“, erinnert sich Ljudmila Gerowa. „Und so beschlossen wir, einen eigenen Chor aufzubauen. Als Dirigenten luden wir Iwelin Dimitrow ein. Wir kannten ihn vom Solfeggio-Unterricht her und seinen Stunden, in denen er unsere improvisatorischen Fähigkeiten entwickelte. Er ließ uns zu einer von ihm skizzierten Melodie eine zweite, dritte und sogar vierte Stimme singen. Die Kompositionen entstanden momentan in der gemeinsamen Arbeit. Einmal beteiligten wir uns an einem internationalen Forum für Musiklehrer in Moskau. Man konnte uns nicht glauben, dass alles improvisiert und nicht vordem in einer Unterrichtsstunde einstudiert worden war. Die von Iwelin Dimitrow angewandte Methode verkürzt ungemein die Ausbildung und man nährt sich schnell dem Ziel – die Interpretation. Auf den verschiedenen Wettbewerben haben wir häufig Geldpreise erhalten. Mit seinem Teil kaufte Iwelin Dimitrow Noten, damit wir unser Repertoire erweitern können. Wir haben viele Chorstücke der Renaissance und des Barocks einstudiert. Unser Traum war es, die Lieder an jenen Orten zu singen, für die sie komponiert wurden. Wir waren glücklich, als sich die Möglichkeit bot, in der Kathedrale San Marco in Venedig, dem Petersdom in Rom und nicht zu vergessen – in den Kirchen in Nessebar an der bulgarischen Schwarzmeerküste zu singen. Ferner haben wir auf dem Forum „Neue bulgarische Musik“ Dutzende neuer Werke bulgarischer Komponisten uraufgeführt. Auch singen wir Volksliedbearbeitungen, darunter von Krassimir Kjurktschijski, Iwan Spassow und Nikolai Kaufman. Vor einigen Jahren nahmen wir an einer Rundfunksendung der Stadt Löwen in Belgien teil. Nachdem wir das Lied „Die Dämmerung hat Jana eingeholt“, bearbeitet von Kjurktschijski, zu Ende gesungen hatten, hörten wir plötzlich ein dumpfes Donnern – die Anwesenden stampften vor Begeisterung mit den Füßen auf dem Boden… Als wir vom Internationalen Festival der Stadt Cork in Irland den Ersten Preis nach Hause trugen, trafen wir auf dem Flughafen den Vorsitzenden der Jury – ein Professor des Konservatoriums in London. Er kam näher, zog den Hut vom Kopf und verbeugte sich tief vor unserem Dirigenten Iwelin Dimitrow… In Gorizia verglich man wiederum unseren Gesang mit dem Klang einer Windharfe.


Anlässlich seines Jubiläums gab der Kammerchor „Polyphonia“ bereits Konzerte in Sofia und Plowdiw. Die nächste Veranstaltung wird in Silistra, der Geburtsstadt von Iwelin Dimitrow sein. Seine Familie steht in der Stadt hoch in Ehren: der Vater von Iwelin hat den dortigen Chor „Spinnstubenabend“ gegründet, der mittlerweile auf eine 70jährige Geschichte zurückblickt.

Zum 50. Geburtstags des Kammerchors erschien ein Buch von Boschana Dimitrowa: „Iwelin Dimitrow und Polyphonia“, in dem die Geschichte und die Erfolge dieses Klangkörpers beschrieben werden. Der Nebentitel des Buches lautet: „Lieder am Altar der Zeit“. Diese Überschrift ist einem der Werke entlehnt, die Iwelin Dimitrow seinem Chor gewidmet hat.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow



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