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Die Europawahlen – ein Test für das EU-Führungsmodell

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Foto: @heareurope

Obwohl bis zum Ende der Amtszeit des jetzigen Europäischen Parlaments noch ein halbes Jahr bleibt, gibt es etliche Probleme innerhalb der Europäischen Union, die Aufmerksamkeit verdienen. Europa sieht sich vor eine wichtige Entscheidung für seine Zukunft gestellt. Wird es sich erneut der Europäischen Volkspartei (EVP) anvertrauen, die seit 15 Jahren als größte Fraktion im Europäischen Parlament die EU leitet oder wird es einen neuen Weg einschlagen und bei anderen Parteien nach Alternativen suchen?

Während der Diskussionen zum Thema „Europa auf dem Kreuzweg, die Europawahlen und die Stimme der Bürger“ haben mehrere bulgarische Europaabgeordnete aus unterschiedlichen politischen Formationen ihre Visionen von der Zukunft der EU dargestellt. Worten des Vertreters der EVP Andrej Kowatschew zufolge sollte die EU darauf hinarbeiten, stärker in der Weltpolitik präsent zu sein und sich daran zu beteiligen, weil sie immerhin 23 Prozent des Welt-Bruttoinlandsprodukts  stellt. Einen Vorschlag in diese Richtung hat die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel gemacht - die Schaffung eines Europäischen Sicherheitsrates mit einem turnusmäßigen Vorsitz. Außerdem könnten Entscheidungen in Sachen europäische Außenpolitik und Sicherheit, die stets auf Einstimmigkeit basieren, keine sinnvolle Lösung für die Zukunft sein, so Merkel.

Der bulgarische Europaabgeordnete Momtschil Nekow hat mehrere für die europäischen Sozialisten wichtige Vorschläge hervorgehoben. Zu diesen Fragen wollen sie auch nach den Wahlen einen Konsens anstreben. Aktuelle Themen für die Sozialisten sind weiterhin die Doppelstandards bei Lebensmitteln und die Deformationen beim Abschluss von Handelsabkommen, die nur für die sogenannten „reichen Länder“ profitabel sind. Die Sozialisten legen auch Wert darauf, dass für jedes Kind eine Nahrung, Unterkunft und Bildung garantiert werden, weil das die Marginalisierungsrisiken drastisch senken würde.

Ein wohldurchdachtes Votum und eine aktive Teilnahme der Bürger an den EU-Wahlen 2019 werden ein legitimes Ergebnis und eine Präsenz der Bürger gewährleisten. Doch können in der Politik sechs Monate sowohl eine kurze als auch eine lange Zeit sein, die etliche Gefahren birgt. Worten der Sozilogin  Ewelina Slawkowa zufolge hält sich der EU-Skeptizismus in Bulgarien noch in Grenzen, doch trifft das bei weitem nicht für die restlichen EU-Länder zu. Laut einer der jüngsten Studien, die Eurobarometer unter 30.000 Europäern vorgenommen hat, sind 44 Prozent der Befragten der Meinung, dass sich die EU in die falsche Richtung bewegt, während 32 Prozent das Image des Europäischen Parlaments positiv bewerten. Deshalb ist es nicht weiter verwunderlich, dass die populistische These von einem Europa der Vaterländer immer populärer wird.

Die wichtigste Frage bei diesen Europawahlen ist, ob sich die Europäische Union weiter in Richtung allmähliche Föderalisierung bewegen wird oder ihre Fundamente dort findet, wo sie unserer Ansicht nach sein sollten“, sagt der Europaabgeordnete Angel Dschambaski. „Ein Europa der Vaterländer würde geteilte Verantwortung bedeuten und Anstrengungen dort, wo sie notwendig sind, wobei die Staaten selbst entscheiden können, welche Innenpolitik sie führen. Es herrscht massiv das Gefühl, dass es in der EU an Solidarität und Gerechtigkeit mangelt. Die Belastungen und der Wohlstand sind ungleich verteilt. Achten Sie beispielsweise auf die Ausschreibungen für öffentliche Aufträge, die im Rahmen des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission erfolgen. Sie werden von Firmen durchgeführt, die stets in Deutschland, Frankreich oder Belgien sind. Das ist auch eine der Antworten darauf, woher dieses Gefühl von Ungerechtigkeit aus Sicht der östlichen EU-Länder kommt. Der Grund ist, dass alle ihren Beitrag in einen gemeinsamen Haushalt leisten und dieser dann hauptsächlich unter den westlichen EU-Ländern verteilt wird.

Gastgeber und Medienpartner der Diskussionen mit den bulgarischen Europaabgeordneten war der Bulgarische Nationalen Rundfunk.

Übersetzung: Rossiza Radulowa



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