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Dr. Simeon Simow, ein ehemaliger Emigrant, vermacht seine wertvollen Sammlungen an Bulgarien


Nachdem die sogenannte Volksmacht 1944 die Regierungsgeschäfte in Bulgarien übernahm, galt Dr. Simeon Simow als „Heimatflüchtiger“. Obwohl er Bulgarien wegen des damaligen Systems verlassen hatte, blieb er emotional ein Leben lang mit seinem Vaterland verbunden.

Weltbekannter Arzt, Sammler, Schriftsteller, Musikliebhaber, Mäzen – Dr. Simeon Simow vereint viele Interessen und Qualitäten und wer weiß welche Richtung sein Leben genommen hätte, wenn nicht der Putsch vom 9. September 1944 ihn aus seiner Heimat flüchten ließ.

Ich habe Bulgarien aus dem einfachen Grund verlassen, weil 1944 nicht der Kommunismus kam, sondern weil die Menschen einfach in ihren Wohnungen und auf den Straßen umgebracht wurden“, betont Dr. Simow und erzählt, dass Alexander Simow Gigow, einer seiner Großväter, ermordet wurde, weil er Abgeordneter war. Dass er sehr viel für die Region um Bresnik, Pernik und Tran getan hat, interessierte die neuen Machthaber nicht. „Es war wie im Irrenhaus damals, eine Riesenenttäuschung“, so Dr. Simow.

Wie der vor 87 Jahren im Dorf Konska bei Bresnik geborene Dr. Simeon Simow es geschafft hat, nach Paris zu flüchten, bleibt ein Geheimnis, dass er mit ins Grab nehmen wird. Bekannt ist lediglich, dass die Stadt der Lichter es ihm nicht leicht gemacht hat, dort sein neues Leben zu beginnen. Ein längst verjährtes, 100 Jahre altes Gesetz verbat Medizinern mit ausländischem Diplom zu praktizieren. Dr. Simeon Simow wurde erst in Deutschland bekannt, wo er seine Methode der künstlichen Befruchtung entwickelte und 3400 Kindern verhalf, das Licht der Welt zu erblicken.

Im Ausland entflammte auch seine Sammlerleidenschaft. Bei einem Abendspaziergang an der Seine fragte er einen Antiquitätenhändler, ob er nicht eine Landkarte von Bulgarien hätte. „Ich erzählte ihm, dass ich ein armer Bulgare sei, der eine Landkarte seines Heimatlandes haben möchte“, erinnert sich Dr. Simow, der auf diese Weise eine alte Landkarte aus dem Jahr 1700 für sehr wenig Geld erwarb und danach immer weitersammelte – europäische Landkarten, Bücher, Gravüren und Malereien aus dem 4.-19. Jh., wovon er ein Großteil dem Bulgarischen Archiv geschenkt hat.

Karte der Donau von Wien bis Nikopol von Vincenzo Maria Koronnelli, 1692 und Karte der Provinzen Bulgarien und Rumelien von Giovanni Rizzi Zanoni, 1781

Während er seiner Sammlerleidenschaft nachging, stieß er auf etwas Bemerkenswertes – auf allen 450 Landkarten aus der Zeit der türkischen Fremdherrschaft in seiner Sammlung ist Bulgarien mit seinem Namen eingezeichnet. Die Landkarten über Bulgarien bis 1800 waren aber sehr ungenau. Sie waren meist mit der Hand gezeichnet. Erst nach 1850 wurden richtige und genaue Landkarten angefertigt, behauptet der Sammler. Die erste bulgarische Landkarte stamme aus dem Jahr 1727 und stelle eine Kartusche mit einer wunderschönen Zeichnung des Zaren und des lieben Herren dar.

Karte des Königreichs Bulgarien von Johann van der Bruggen, 1737

Die Sammlungen von Dr. Simeon Simow umfassen Schallplatten mit seltenen musikalischen Aufzeichnungen, Orchideen, präparierte Schmetterlinge, Kochbücher und vieles andere mehr. Sein Wunsch ist, dass sie in Bulgarien bleiben. Er selbst möchte seinen Lebensabend in seinem Heimatland verbringen und hat schon alles in die Wege geleitet, um das sonnige Italien zu verlassen. Er ist nicht nachtragend und glaubt fest daran, dass eines Tages das Gute das Böse endgültig vertreiben werde.

Übersetzung: Georgetta Janewa

Fotos: archives.government.bg und culture-mfa.bg

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