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Schauspieler Swetosar Knesowski: Unsere Gesellschaft hat märchenhafte Geschichten nötig

Jedem, der Werke von Gabriel García Márquez gelesen hat, wird sicher die Geschichte des Gemeindeschreibers Margarito Duarte und seiner frühverstorbenen Tochter, deren Leichnam nicht verwest und sie daher heiliggesprochen werden soll, in Erinnerung geblieben sein. Diese ungewöhnliche Erzählung lässt keinen Menschen gleichgültig. Vielerorts in der Welt wurde sie als Bühnenwerk inszeniert, mittlerweile auch in Bulgarien. Bisher wurden 10 Vorstellungen gegeben – jedes Mal vor ausverkauftem Saal. Das Publikum staunt immer wieder über das außergewöhnliche Talent des Schauspielers Swetosar Knesowski, der in dem Monodrama die Besucher mit dem tiefgründigen und philosophischen Gedankenlabyrinth des kolumbianischen Schriftstellers konfrontiert. Regie führt Prof. Diana Borissowa, der zu verdanken ist, dass auch das feinfühlige Humorgefühl, mit dem Márquez seine Helden beschreibt, in der Inszenierung nicht zu kurz kommt.

Swetosar Knesowski, Porträt von Penka GaidarowaDie Aufführung ist voller Liebe und Hoffnung, dass das Wunder doch noch geschieht“, sagt der junge Schauspieler und weiter: „In dieser Inszenierung erkennt man die Arbeit eines jungen Menschen, der sich dem Geistigen zuwendet. Wir haben uns für dieses Stück entschieden, weil wir der Ansicht sind, dass die bulgarische Gesellschaft märchenhafte Geschichten nötig hat, in denen der Glaube gestärkt wird und man in Erwartung eines Wunders ist. Wunder passieren alle Tage, wir gehen jedoch achtlos an ihnen vorüber. Die Geschichte des Margarito Duarte und des nicht verwesenden Leichnams seiner Tochter sowie seines Kampfes um ihre Heiligsprechung bilden im Grunde genommen den Anlass, um über die menschlichen Tugenden zu sprechen, die diesem literarischen Helden eigen sind. Ihn hat sich Márquez gerade deshalb erdacht – er will mit seiner Geschichte dem Leser das Gefühl der Hoffnung geben. Mit der Regisseurin Prof. Borissowa haben wir oft über eine Stelle gesprochen, in der es heißt, dass den Menschen heutzutage nichts heilig ist. Das liegt daran, weil die Menschen ihre innere Welt negieren. Sie werden oberflächlicher und konzentrieren sich auf die materielle Seite der Dinge. Man denkt immer weniger darüber nach, ob man ein guter Mensch ist. Ich habe eine kleine Tochter und wenn man mich fragt, was sie macht, antworte ich, sie gibt erste Anzeichen dafür, dass aus ihr ein guter Mensch werden wird. Das ist das einzige, dass ich als ihr Vater von ihr erwarte. Welchen Beruf sie eines Tages ergreifen wird, ist ihre Sache. Ich möchte nur, dass sie die grundlegenden Tugenden der menschlichen Gesellschaft besitzt, die in allen Religionen präsent sind – Mitgefühl, Liebe, Anteilnahme und Achtung der geistigen Werte.

All das existiert in unserem Leben, wir kehren es jedoch gern immer wieder unter den Teppich, meint weiter der Schauspieler, der in seinen Einpersonenstücken gerade an diese Tugenden erinnern will.

Es ist kein Platz für Egozentrik und Egoismus; das sind Gefühle, die die menschliche Seele verstümmeln“, meint Swetosar Knesowski. „Wenn ich die Bühne betrete und auch nach Ende der Aufführung, wenn ich die Kommentare des Publikums vernehme, finde ich zum Sinn meiner selbst. Die Befriedigung, dass ich meine Sache gut gemacht habe, hinterlässt ein wohliges Gefühl. Es ist eine Energie da, die mich in den Jahren begleitet und ich fühle mich als ein glücklicher und erfolgreicher Mensch. Als ich mich mit der Inszenierung der Erzählung von Márquez beschäftigte und in diesem Zusammenhang den Vatikan besuchte, war Papst Franziskus sehr angetan von dem, was ich ihm über meine Arbeit an dem Stück erzählte. Danach unterhielt ich mich auf dem Platz vor dem Petersdom recht lange mit einem der Kardinäle darüber. Auch er gab seinen Segen für das Stück. Während meines ganzen Aufenthaltes im Vatikan wurde mir viel Wärme und Freude entgegengebracht. Man freute sich, das sich irgendjemand in der Ferne mit einem Thema auseinandersetzt, das mit ihrem Leben und der Philosophie der Hauptreligionen im Zusammenhang steht.“


Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow

Fotos: Privatarchiv

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