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Heiligabend – Geburt des „jungen Gottes“


Heiligabend gehört zu den wichtigsten Ereignissen auch im Folklorekalender der Bulgaren. Das Fest wird in einigen Regionen als „kleines Weihnachten“ bezeichnet.

Laut den Vorstellungen unserer Vorfahren haben die Wehen der Gottesmutter bereits am Ignatiustag am 20. Dezember eingesetzt; sie habe den „jungen Gott“ aber erst am Tag des „kleinen Weihnachten“ geboren. Dieses Ereignis sei dann am Tag darauf, am 25. Dezember verkündet worden. In Bulgarien war es Brauch, dass Erstgeburten nicht gleich bekanntgegeben wurden. Erst am darauffolgenden Tag lud man bekannte Frauen zum sogenannten Muttergottes-Brot ein. Man meinte, dass auf diese Weise Kind und Mutter vor bösen Kräften bewahrt werden können, die besonders in den ersten Stunden nach der Geburt eines Kindes und vor allem in der Nacht Schaden anrichten können. Aus diesem Grund war in alten Zeiten Heiligabend den Kindern und Bräuten geweiht. Es war üblich, dass kleine Weihnachtssänger – Jungs im Alter zwischen 8 und 12 Jahren, in Gruppen bereits um Mitternacht bis in die Mittagsstunden des 24. Dezember von Haus zu Haus gingen und ihre Segenswünsche darbrachten. Diese Gruppen sind von den Weihnachnachtsängern der heiratsfähigen Burschen zu unterscheiden, die erst in der Nacht zum ersten Weihnachtsfeiertag durchs Dorf zogen. Die kleinen Weihnachtssänger spielten die Funktion von Vorboten, die die Geburt des „jungen Gottes“ ankündigten.

Das Hüten des Herdfeuers in der Nacht der Geburt Christi ist ein Brauch, der vom einstigen Sonnenkult zeugt, dessen Wurzeln sich in der Frühzeit der menschlichen Geschichte verlieren. Er ist für alle indoeuropäischen Völker, darunter Slawen, Thraker und Urbulgaren belegt.

Mit der Übernahme des Christentums wurde das Fest der Wintersonnenwende, in der man ohnehin die Geburt der Sonne, bzw. des „jungen Gottes“ sah, in das der Geburt des Erlösers Jesus Christus umgedeutet. Der Tag der Geburt Christi wurde vom Papst Liberius Mitte des 4. Jahrhunderts mit Absicht auf dem 25. Dezember gelegt, um das heidnische Fest zu verdrängen.

Die in Bulgarien übliche Tafel zu Heiligabend wurde zuweilen auf den Fußboden gedeckt, wobei sich die Familienmitglieder im Kreis darum setzten. Der Kreis ist ein altes Sonnensymbol, das in solchen Bräuchen weiterlebte. In den Morgenstunden des ersten Weihnachtstages fütterte man die Hühner mit einem Teil des Weizens, der zu Heiligabend beweihräuchert worden war. Dabei wurde er in Form eines Kreises auf den Boden gestreut. Das galt als eine Art Magie, damit das Federvieh fruchtbar ist. Im Kreis sah man eine Schutzfigur vor bösen Kräften und Krankheiten. Er markierte die Grenze zwischen das „Heimische“ und das „Fremde“, zwischen dem „Chaos“ und die „Ordnung“ – die Ordnung, die zerstört wird und jedes Jahr aufs Neue wie die Sonne, der „junge Gott“, geboren wird. Laut den Vorstellungen unserer Vorfahren, die mit den Mythen, Legenden und auch Stickereien weitergegeben wurden, stieg die neugeborene Sonne vom Himmel auf die Äste des Weltenbaums herab, um das Leben auf der Erde mit ihrer lebensspendenden Kraft zu verändern.

Dieser „junge Gott“ wurde in späteren Zeiten mit dem neugeborenen Christus gleichgestellt. In einem Volksmärchen wird erzählt, dass nach der Geburt die Gottesmutter die Engel, die bei der Entbindung halfen, gebeten hat, eine goldene Feldflasche zu nehmen, sie mit Rotwein zu füllen und zu einem der Heiligen zu gehen, der die Patenschaft über das Neugeborene übernehmen solle. Die Engel trafen als erstes den heiligen Nikolaus an, der gerade einen Meeressturm bändigte und erzählten ihm, warum sie gekommen seien. Er antwortete ihnen, dass er „vor dem „jungen Gott“, der wie Feuer brenne, trockenes Stroh“ sei. Daraufhin flogen die Engel zum heiligen Basilius mit demselben Anliegen, aber auch er sagte ab. Schließlich kamen sie zum heiligen Johannes dem Täufer. Er habe sich gefreut und habe sofort angenommen, das Neugeborene zu taufen, was dann auch in den Wassern des Jordan-Flusses geschehen ist.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow

Fotos: BTA und Archiv

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