Am heutigen 28. Dezember fand im Jahr 1895 die erste öffentliche Filmvorführung in Paris statt, organisiert von den Brüdern Lumière. Dieser Tag gilt auch als der Beginn des Kinos. Inzwischen verändert die virtuelle Realität (VR) den klassischen Film, wird ihn aber nicht verdrängen, behauptet Slatin Radew.
„Seit über 100 Jahren schauen wir Filme und sind an das Kino gewohnt. Am Anfang aber sind die Zuschauer aus dem Salon weggerannt, wenn sie auf der Leinwand einen anfahrenden Zug sahen. Bei den neuen Technologien ist es ähnlich, die Empfindungen sind sehr stark“, sagt der Animationsregisseur und Produzent Slatin Radew.
Experten für visuelle Kunst und jeder, der in einer virtuellen Welt Gestalten gesehen und Empfindungen hatte, sind sich einig, dass es das vollkommene ultimative Erlebnis im Film und in der Animation ist. Die Darstellung kann am PC generiert, mit Kamera aufgenommen oder durch neue Techniken animiert sein. In Abhängigkeit der Anwendung handelt es sich um Computeranimation, so genannte Computerspiele oder cinematic VR.
„Beim cinematic VR wird eine Geschichte erzählt“, erläutert Slatin Radew. „Sie kann interaktiv sein oder nicht. Der Zuschauer gelangt in ein 360° Panorama. Das Gefühl ist unbeschreiblich. Ich finde es sehr interessant, so wie damals meine ersten Schritte in der Animation als meine Bilder plötzlich lebendig wurden. Hier ist das Gleiche. Man gelangt in eine völlig neue Welt. Es gibt Softwares mit denen mit einem Pinsel in der Umgebung gemalt werden kann. Man hat eine spezielle Brille auf und wenn man malt, befindet man sich in der Zeichnung drin. Auch der Zuschauer kann in das Bild hineinkommen und beobachten. Die Erzählung selbst ändert sich. Es gibt keine Nah- oder Fernaufnahmen. Alles ist in einem gigantischen 360° Plan und man sieht alles.“
Slatin Radew erklärt, dass es seltsam ist, auf diese Weise Geschichten zu erzählen, weil man zwar eine Handlung vorgibt, doch der Zuschauer letztendlich selbst entscheiden kann, wohin er seine Aufmerksamkeit lenkt. Er kann seine Perspektive wählen, was zahlreiche Probleme schaffen kann, an die man nicht gedacht hat, dass es sie überhaupt gibt. „Deshalb muss der Blick des Zuschauers durch Ton, Licht oder eine Handlung „eingefangen“ werden, doch so ist es auch im realen Leben“, erklärt der Regisseur. Gerade das fasziniert ihn so sehr und erinnert ihn an das erste Mal, als er sich VR angeschaut hat. „Ich wusste nicht wo meine Beine sind. Ich blickte nach unten und sah eine Welt, aber mich gab es nicht. Es war ein eigenartiges Gefühl.“
Die virtuelle Technologie erobert inzwischen unseren Alltag. Seit dem Sommer 2018 gibt es sie auch bei den Smartphones. „Ein sehr schönes Instrument“, findet der Regisseur, „doch man muss es nutzen können. Früher gab es beim Zeichentrickfilm Farben und Pinsel, jetzt gibt es auch diese neuen Technologien. Die Einwirkung auf den Menschen ist sehr stark. Doch das klassische Kino wird es auch weiterhin geben“, ist Slatin Radew kategorisch.
„Im Leben und in der Natur drehen wir unsere Köpfe nicht um 360°. Beim Film ist es wie im Leben. Wir sehen erst das allgemeine Bild. Wenn uns etwas im Detail interessiert, nähern wir uns. Wenn beim Film diese Dynamik nicht befolgt wird, fühlt sich der Mensch unwohl. Die VR zeigt alles gleichzeitig und rechnet damit, dass der Zuschauer wählt. Er wird geradezu gezwungen zu gehen und seinen Kopf zu drehen. Mir persönlich gefällt das nicht so sehr und deshalb bin ich nicht sicher, ob das die Zukunft ist“, erklärt Slatin Radew, der hofft, dass mit der Zeit der richtige Weg gefunden werden wird.
Übersetzung: Georgetta Janewa
Fotos: Archiv
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