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Doppelter Schock für die bulgarischen Spediteure

Die Unternehmen in der für die bulgarische Wirtschaft so wichtigen Transportbranche befinden sich momentan in einer alles andere als rosigen Situation. Und auch ihre Perspektiven in nächster Zukunft sehen nicht gerade vielversprechend aus. Die Spediteure mussten gleich zwei schallende Ohrfeigen einstecken, wodurch ihre Enttäuschung von den Behörden und der EU noch mehr gewachsen ist. Nachdem sie vor zehn Tagen vor dem Europäischen Parlament in Strasbourg demonstriert haben, haben sie in Plowdiw aus Protest sogar einen LKW in Brand gesteckt. Was genau aber schürt die Besorgnisse und die Unzufriedenheit der Vertreter der Transportbranche in Bulgarien?

An erster Stelle hat das Ministerium für regionale Entwicklung und Städtebau die Vorschläge über die Maut publik gemacht, die LKWs und Passagierbusse ab dem 16. August 2019 in Bulgarien zu entrichten haben. Laut Experten war das ein absoluter Schock für die Geschäftsleute, obwohl die vorgeschlagene Maut die europaweit niedrigste ist. Zugleich hat das Europäische Parlament, wenn auch mit minimaler Mehrheit, das sogenannte Mobilitätspaket in erster Lesung gebilligt, das bulgarische Ferntransportfirmen und Spediteure anfechten, weil es ihre Existenz bedroht. Und deren Meinung teilen auch ihre Kollegen aus Polen, Rumänien, Ungarn und den Baltischen Staaten.

Eigentlich soll in Bulgarien ein hybrides Mautsystem eingeführt werden. Für die PKWs bleiben die Vignetten in Kraft, während die Lastkraftwagen eine Maut entrichten sollen. Die Regierung zielt damit auf eine spürbare Anhebung der Einnahmen aus Vignetten und Mautgebühren ab, um davon den Bau neuer Straßen und die Instandhaltung des bereits vorhandenen Verkehrsnetzes finanzieren zu können.

Das Mautsystem wird ca. 90 Millionen Euro kosten und soll von der österreichischen Firma Kapsch TrafficCom installiert werden, die große Erfahrungen auf diesem Gebiet mitbringt. Es soll 10.800 km von den insgesamt 40.000 km Straßen in Bulgarien erfassen. Falls die Laster mehr als 3,5 Tonnen wiegen, werden sie eine Maut zahlen, die ihrem Gewicht, der zurückgelegten Entfernung, den technischen Parametern der Straßen und der Umweltfreundlichkeit der Fahrzeuge Rechnung trägt. Man geht von jährlich über 500 Millionen Euro Einnahmen aus Mautgebühren aus. „Die Idee der Reform fußt darauf, dass jene, die die Straßen nutzen und demolieren, entsprechend zur Kasse gebeten werden, wobei Lastwagen die größere Last übernehmen sollen“, lautete der Kommentar des Instituts für Marktwirtschaft. Die neuen Gebühren, die wesentlich höher sind als die bisherigen Vignetten, können nur durch eine Anhebung der Kosten für Transportdienstleistungen ausgeglichen werden. Es werden bereits Kalkulationen erstellt, um wie viel teurer die Waren und die Bustransporte nach Inkrafttreten der Maut werden. Den größten Unmut über Höhe der neuen Gebühren bezeugen die Busfirmen, die sich am heftigsten dagegen sträuben.

Die zweite Ohrfeige für die bulgarischen Transportunternehmer war die Billigung des Mobilitätspakets durch das Europäische Parlament in erster Lesung. Sowohl die Spediteure als auch die Behörden sind gegen die Regelung, dass sich die Fahrer außerhalb der Kabine ausruhen, alle vier Wochen in die Heimat zurückkehren sollen und entsprechend der Tarife im Land, in dem sie sich aufhalten, entlohnt werden sollen. In einem Schreiben an EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani erklärte der bulgarische Präsident Rumen Radew, dass die geplanten Gesetzesnovellen gegen die Grundregeln des einheitlichen EU-Marktes verstoßen und die Prinzipien für Mobilität von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital innerhalb der Europäischen Gemeinschaft verletzen.

In einem Statement von Verkehrsminister Rossen Scheljaskow zu diesem Problem heißt es wiederum: “Das Europäische Parlament hat vollkommen restriktive Texte gebilligt. Das ist ein weiterer Beweis dafür, dass das Ziel eine Umverteilung der Marktanteile ist und nicht eine Verbesserung der sozialen Arbeitsbedingungen der Fahrer.

Beim Mobilitätspaket hat Sofia eigentlich zum ersten Mal Einspruch gegen Verordnungen der EU erhoben, weil es der Ansicht ist, dass es die nationalen Interessen verletzt. Es werden gewisse Hoffnungen in das neue Europäische Parlament gesetzt, das im Mai gewählt werden soll. Der Wunsch ist, einen Kompromiss zu finden und wenigstens einen Teil der Regeln, die die bulgarischen und andere osteuropäische internationale Transportdienstleister prellen, etwas abzumildern, damit es nicht zu einem extremen Protektionismus und einer noch tieferen Spaltung der Europäischen Gemeinschaft in einen privilegierten, einflussreichen und reichen Kern und eine arme, vernachlässigte und zurückbleibende Peripherie kommt.

Übersetzung: Rossiza Radulowa

Fotos: BGNES



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