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Mai – der Monat der Abiturienten

Geschichtsmuseum in Terwel will in der Langen Nacht der Museen eine Retro-Schau veranstalten und die einstigen Abibälle nachgestalten

Die Jungen und Mädchen der angesehensten Familien stellten sich in den ersten Jahren nach der Befreiung Bulgariens von der türkischen Fremdherrschaft 1878 zum ersten Mal in der Öffentlichkeit in einem eigens dafür veranstalteten Abend vor, wo Walzer und Mazurkas gespielt, getanzt und Kontakte geknüpft wurden. Auf diese Weise verabschiedeten sich die jungen Leute vom Schuldasein, um in das Leben der Erwachsenen einzutreten und neue Verantwortlichkeiten zu übernehmen.

Um an die 140jährige Geschichte der Abiturientenbälle zu erinnern, organisiert das Geschichtsmuseum in Terwel eine Schau mit Retro-Kleidern und Kostümen verschiedener Generationen. Die Rolle der Models übernehmen Gymnasiastinnen. Die Bevölkerung ist aufgerufen, Kleider und Accessoires zur Verfügung stellen, denn im Fundus des Geschichtsmuseums wurde nur ein einziges Abiball-Outfit entdeckt, bestehend aus einem Korsett, langen Rock und Blazer mit dazu passenden Hut mit breiter Krempe in Beige aus dem Anfang des vergangenen Jahrhunderts. Von den einstigen Abiturientinnen wird erwartet, dass sie noch vor dem 18. Mai in den alten Truhen ihrer Großmütter nachschauen, ob sich dort vielleicht nicht alte Ballkleider und Accessoires vorfinden lassen, denn die Retro-Schau soll in der Langen Nacht der Museen stattfinden.

Die Tradition der Abiturientenbälle entstand kurz nach der Befreiung Bulgariens von der türkischen Fremdherrschaft mit der Idee, dass sich die Absolventen der Öffentlichkeit präsentieren und zeigen, welche Umgangsformen sie gelernt haben und um Kontakte zu knüpfen“, erzählt Georgi Schelew vom Geschichtsmuseum in Terwel und fügt hinzu, dass an den Abiturientenbällen zunächst die Sprösslinge wohlhabender Familien teilgenommen haben und erst im Nachhinein diese neue Mode auch alle anderen Familien erfasst hat.

In den ersten Jahren trugen die Mädchen lange Kleider, breitkrempige Hüte, einen kleinen Schirm und Tasche. Die jungen Männer stellten sich mit stilvollen, taillierten Anzügen zur Schau, obligatorisch mit Stock oder Schirm in der Hand. Im Laufe der Zeit verschwanden diese Accessoires, um durch teure Uhren, Schmuck und Luxusautos ersetzt zu werden. Früher gingen die jungen Leute zu ihrem Ball zu Fuß, flanierten durch den Stadtpark oder einen anderen öffentlichen Platz, um von der Öffentlichkeit gesehen zu werden.“

Die Spaziergänge und das Bestreben der jungen Menschen bei den angesehenen Persönlichkeiten der Stadt einen guten Eindruck zu hinterlassen, gerieten mit den Jahren in Vergessenheit. Insbesondere in der Zeit des Sozialismus wurde der Abiturientenball als eine Möglichkeit angesehen, ein  letzte Mal Zeit mit seinen Mitschülern und Lehrern zu verbringen. Keine Seltenheit war, dass die Absolventen unter den Fenstern ihrer Lieblingslehrer ein Ständchen hielten.

In unserer Stadt war es üblich, die Serenade im Haus des Klassenlehrers zu veranstalten, bei der seine Lieblingslieder vorgetragen wurden. Ein Muss war auch das Lied „Mit Liebe an den Lehrer“. Leider werden die Lehrer in unserer Zeit immer weniger geachtet und so verliert sich diese Tradition. Das einstige Anliegen der Abiturientenbälle gerät immer mehr in Vergessenheit. Die teuren Kleider, Anzüge, Accessoires und die Luxusautos sollen Wohlstand demonstrieren, arten aber oft aus und beweisen nur schlechten Geschmack“, bedauert Georgi Schelew und fügt hinzu, dass das einzige bis in unserer Zeit erhaltene Element des Abiballs das Treffen der Abiturienten auf dem Schulhof ist, von wo aus sie zu den Plätzen aufbrechen, wo die Feier stattfinden soll.

Die Spaziergänge der Abiturienten liegen in der Geschichte zurück. Heute sieht man die Absolventen aus den Fenstern teurer Autos ragen. In Wahrheit spielt es keine Rolle was man zu seinem Abiball anhat oder ob man mit einem Luxusauto gefahren wird. Wichtig ist die Frage wie es am Tag nach dem Ball weitergeht und was man im Leben erreichen will.

Übersetzung: Georgetta Janewa

Fotos: Archiv



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