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In memoriam Miltscho Lewiew

Foto: Ani Petrowa

Der populäre Jazz-Musiker Miltscho Lewiew ist am 12. Oktober in Thessaloniki verstorben, wo er in den letzten Jahren zusammen mit seiner Gattin Vicky Almasidou lebte. Die Trauerfeier findet heute im hauptstädtischen Konzerthaus „Bulgaria“ statt.

Miltscho Lewiew ist der erste bulgarische Jazz-Musiker, der als Pianist und Komponist auch in Amerika populär geworden ist. Ihm wurde 1997 der Orden „Stara Planina“ – die höchste staatliche Auszeichnung Bulgariens überreicht. Lewiew wurde zwei Mal für einen Grammy Award nominiert.

Miltscho Lewiew wurde am 19. Dezember 1937 in der südbulgarischen Stadt Plowdiw geboren. Er beendete die Nationale Musikakademie als Schüler des Komponisten Pantscho Wladigerow. Von 1963 bis 1968 war er als Solist und Dirigent der Plowdiwer und Sofioter Philharmonie tätig. In dieser Zeit dirigierte er auch die Big Band des Bulgarischen Nationalen Rundfunks. Lewiew gründete die Formation „Jazz Focus 65“, die 1967 auf dem Festival in Montreux den Preis der Musikkritik erhielt. 1970 emigrierte der Musiker nach Westeuropa und siedelte wenig später auf Einladung von Don Ellis in die USA über, wo er mehr als 20 Jahre konzertierte und unterrichtete. Er arbeitete zusammen mit Billy Cobham, Art Pepper, George Duke, Al Jarreau, Dave Holland u.a.

Miltscho Lewiew hat einen maßgeblichen Einfluss auf mehrere Generationen bulgarischer Musik ausgeübt. Er tat es auch in den letzten Jahren, als er regelmäßig Meisterklassen an der Neuen Bulgarischen Universität in Sofia durchführte.

Im Jahre 2005 – ich war damals arbeitslos und sah keinerlei Perspektiven für mich, gab ich mein letztes Geld für die Teilnahme an einer Meisterklasse bei Miltscho Lewiew und Vicky Almasidou. Ich hatte keinerlei Erfahrungen mit Jazz, aber diese Musik gefiel mir und wir arbeiteten zusammen. Am Abschlusskonzert beteiligten sich populäre Jazz-Musiker, mit denen ich bis heute Konzerte gebe. Vicky und Miltscho brachten den Musikern bei, sich in der Musik „bequem“ zu fühlen und mit Seelenruhe der Logik des Stückes zu folgen“, erzählte uns die Jazz-Sängerin und Schauspielerin Miliza Gladnischka.

Miltscho hat mich inspiriert und mir zwei wichtige Dinge beigebracht: die Musiktraditionen als Ganzes bestens zu kennen und die eigene Persönlichkeit durchzusetzen“, sagte uns seinerseits Mario Stantchev, Jazz-Pianist und Komponist, der bereits seit Jahrzehnten in Frankreich lebt und arbeitet. „Von den Musikern seiner Generation kannte sich Miltscho am besten im Jazz aus. Gleichzeitig damit besaß er den Mut, seinen eigenen musikalischen Charakter zu zeigen. Ich war 14 Jahre alt, als ich in einem der Kulturhäuser seine Vorträge hörte. In jener Zeit war diese Musik fast verboten – und wir versammelten uns wie die Urchristen, ihm zuzuhören. Er erlaubte mir, den Proben der Formation „Jazz Focus 65“ beizuwohnen. Ich habe viel von ihm gelernt – seine Musizierweise und seine Art und Weise, die Musik zu organisieren.

Er war die Hoffnung, dass Musikern wie uns es gelingen kann, etwas zu erreichen, auch wenn wir aus dem kleinen Bulgarien stammen, in dem es keinerlei Traditionen in dieser Musik gibt“, teilte der Pianist, Komponist und Dirigent der Big Band des Bulgarischen Nationalen Rundfunks, Antoni Dontschew, mit. „Der Posaunist Georgi Borissow brachte eines Tages ein Geschenk von Miltscho für meinen Vater. Es war das Doppelalbum von Don Ellis „Tears of Joy“, in dem auch ein Stück von Miltscho Lewiew enthalten war – „Bulgarian Bulge“.

Mit meinen Mitschülern hörten wir es unzählige Male, ganz hingerissen von den vielen unregelmäßigen Taktarten. Nach langer Abwesenheit kam er 1980 wieder nach Bulgarien, um sich am Jazz-Treffen in Sofia zu beteiligen. Danach begannen wir zusammen zu musizieren. Zusammen mit der Big Band des Bulgarischen Nationalen Rundfunks haben wir mehrere Konzerte gegeben, auf denen einzig Stücke von ihm erklangen. Wir werden auch künftig solche Programme gestalten. Die Musik von Künstlern seines Ranges wird sofort zur Klassik und steht der Musik der anderen bedeutenden Komponisten in Nichts nach. Sie wird immer wieder gespielt, weil man immer wieder etwas Neues darin entdecken kann, das einen provozieren kann.“

Hristo Yotsov, Komponist, Arrangeur und Interpret von Werken für Schlaginstrumente, fügt hinzu:

Wir hatten das Glück, mittels des Flötenspielers Simeon Schterew die Geschichte von „Jazz Focus 65“ zu erben. Zu jener Zeit war Miltscho eine unerreichbare Größe – ein bulgarischer Musiker, der in den USA mit den Besten spielte. Nachdem er zurückkehrte gaben wir einige Konzerte. Für mich verwandelte er sich in einem ganz normalen Menschen, der ähnlich wie ich dachte. Ich habe mich an einer ganzen Reihe seiner Projekte beteiligt. 2015 organisierte und produzierte ich sein Benefiz-Konzert. Da teilte er mir mit, dass er sich vom aktiven Konzertleben zurückziehen wolle. Wir spielten zusammen mit der Formation „Acoustic Version“. Das Konzert wurde aufgenommen und es stellt heute ein wertvolles Zeitdokument dar. Der Parlamentsausschuss für Kultur und Medien begrüßte den Vorschlag der Bulgarischen Musikvereinigung, deren Vorsitzender ich momentan bin, Miltscho Lewiew mit einem Staatspreis für seinen hohen Beitrag zur bulgarischen Kultur auszuzeichnen. Diese Anerkennung ist eine Tatsache. Es ist eine Anerkennung für einen bedeutenden Musiker mit Ausstrahlungskraft, der jeder Generation nach ihm etwas hinterlassen hat.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow



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