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Neue Bürgermeister sollten auf Maßnahmen für bessere Luftqualität setzen, meint Wirtschafts- und Finanzexperte Wladimir Karolew

Wladimir Karolew
Foto: BGNES

Kann die Kommunalverwaltung zur Lösung der großen Probleme Bulgariens wie beispielsweise Demographie, Lebensstandard und Investitionen beitragen? Der Wirtschaftswissenschaftler Wladimir Karolew ist für seine eindeutige und unmissverständliche Haltung zu akuten Problemen unserer Gesellschaft bekannt. Karolew lebt seit über 45 Jahren in Sofia und hat sich vor ca. zehn Jahren sogar für den Bürgermeisterposten beworben. Er ist der Ansicht, dass alle, die in die Politiker wollen, genug Erfahrungen im Privatsektor haben sollten. Außerdem sollten sie sich dabei nicht von Eigennutz, sondern vom Wunsch leiten lassen, das Leben ihrer Mitmenschen zum Besseren zu wenden. Solche Qualitäten sollten auch jene Kandidaten mitbringen, die sich für diverse Posten in der Kommunalverwaltung bewerben. Bürgermeister von Sofia sollte eine Persönlichkeit mit Erfahrungen, Charakter und starkem Willen sein, damit sich die Stadt weiter zur modernen europäischen Hauptstadt entwickeln kann. „Die Bürgermeister und Stadträte können viel für die Verbesserung der Lebensqualität der Menschen im jeweiligen Ort tun. Von erstrangiger Bedeutung ist es, Maßnahmen zur Reinhaltung der Luft zu treffen, denn das ist eines der größten Probleme in Bulgarien“, sagt Wladimir Karolew und weiter:

„Viele Abfälle werden immer noch in den Betrieben verbrannt, viele Menschen heizen ihre Räume mit Holz und Kohle. Die Bürgermeister könnten Maßnahmen in diese Richtung treffen, damit es auf ihren Territorien keine Unternehmen gibt, die die Luft verunreinigen. Sie können außerdem Bericht über solche Unternehmen erstatten und die Menschen dazu animieren, weniger Heizöfen zu benutzen, die die Luft verschmutzen. Schnell wird das nicht passieren, aber man sollte in diese Richtung hinarbeiten. Etwas anderes, was die Bürgermeister vor allem in den größeren Städten in Angriff nehmen können, ist die Organisation des Verkehrs. Ich beispielsweise empöre mich in Sofia darüber, dass ich so viele Probleme sehe, deren Lösung keine großen Investitionen voraussetzt. Dessen ungeachtet wird nichts unternommen. Vor Jahren war von Novellen im Straßenverkehrsgesetz die Rede, was das Rechtsabbiegen an Kreuzungen angeht. Das ist eine ganz elementare Maßnahme, die keinerlei Investitionen verlangt. Sie würde jedoch die Luftverschmutzung spürbar senken, weil die Autos weniger an den Ampeln halten müssen und die Sofioter zugleich schneller zur Arbeit kommen. Ähnliche Probleme mit der Luftqualität am Ende des Arbeitstages haben auch viele andere bulgarische Städte – Plowdiw, Stara Sagora, Dupniza, Blagoewgrad und sogar Petrisch. Ich frage mich wann man endlich einsehen wird, dass dort, wo keine Hochstraßen gebaut werden können, eine Rundkreuzung die beste Lösung wäre – sie entlastet den Verkehr und es kommt nicht zu Staus, besonders in Stoßzeiten. 
Eine weitere Möglichkeit für die Bürgermeister wäre es, den Privatsektor mit einem Teil der Dienstleistungen zu beauftragen, für die die Kommune keine Mittel aufbringen kann. Ich habe bedauerlicherweise insbesondere in Sofia keinen einzigen Kandidaten für den Posten des Bürgermeisters gesehen, der eine Erhöhung der Zahl der Kindergärten vorgeschlagen hätte. Dabei bin ich absolut überzeugt, dass es Unternehmer gibt, die diese Tätigkeit auszuüben bereit wären. Selbst ein Teil der Tätigkeiten, die die Gemeinden traditionsgemäß ausüben und finanzieren, könnte von Privatfirmen oder öffentlich-privaten Partnerschaften übernommen werden, beispielsweise die Beleuchtung. Die Förderung öffentlich- privater Partnerschaften ist sehr wichtig, besonders in Ländern wie unserem, wo die öffentlichen Strukturen weder über ausreichend Erfahrungen noch über ausreichend Mittel verfügen, um selbständig mit allen Tätigkeiten fertig zu werden.“

Wladimir Karolew hat auch einen Vorschlag, wie die Kommunalverwaltung durch ihre Steuerpolitik und mit Hilfe von Wirtschaftsstimuli die Menschen motivieren könnte, auf der Suche nach Arbeit und größeren Einkommen die kleineren Kommunen nicht zu verlassen. Seinen Worten zufolge haben die jüngsten Kommunalwahlen gezeigt, dass jene Bürgermeister wiedergewählt werden, denen es gelingt, Mittel aus europäischen Projekten heranzuziehen, aber nicht, um selbst einen Nutzen daraus zu ziehen, sondern um sichtbare Ergebnisse zugunsten ihrer Mitbürger zu erzielen.

Übersetzung: Rossiza Radulowa 



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