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Wie die bulgarische Regierung die Senioren umwirbt

Premierminister Bojko Borissow: „Alle sind von der Erhöhung der Renten begeistert“

Fotos: BGNES

Die Senioren in Bulgarien leben mit dem Gefühl, dass sie von der Gesellschaft verstoßen sind. Ihre Existenz ist für die überwiegende Mehrheit durch schwierige materielle Verhältnisse und Entbehrungen gekennzeichnet. Sie haben Probleme mit ihrer Gesundheit und leiden unter der Einsamkeit. Nun gibt es erste Indizien für eine Veränderung. Vor dem Hintergrund einer wachsenden Wirtschaft mehren sich die Maßnahmen für die Verbesserung der Lebensbedingungen der älteren Menschen in Bulgarien. So werden zu Weihnachten 1 276 200 Rentner zusätzlich zu ihrer Rente 20 Euro bekommen. Das ist nicht viel und wird keinesfalls ihr Leben verbessern, doch zu mindestens für das Fest können einiges mehr einkaufen.

Natürlich ist es gut, dass die Rentner Weihnachtsgeld bekommen, doch noch besser wäre es, wenn man die Aufmerksamkeit auf die Staatsadministration lenkt, die zu ausgedehnt ist und zu viel Geld schluckt. Es ist höchste Zeit, die digitale Regierung einzuführen, über die wir schon so lange reden. Das muss endlich passieren“, fordert der Rentner Dimiter Dianow aus Blagoewgrad.

In Bulgarien leben derzeit rund 2 154 800 Rentner. Die Durchschnittsrente beträgt 197 Euro. Selbst in Bulgarien, wo die Preise für einige Waren und Dienstleistungen weit unter dem europäischen Durchschnitt liegen, kann eine solche Rente nicht alle Lebensbedürfnisse decken. Die Durchschnittsrente liegt nahe an der Armutsgrenze von 178 Euro. 2020 soll die Rente auf 186 Euro erhöht werden.

Zu den Maßnahmen, die die Regierung vorsieht, um das Leben der bulgarischen Rentner besser zu machen, zählen auch die 100 000 kostenlosen Grippeschutzimpfungen für Personen über 65 Jahre, über die in den Medien weit und breit berichtet wurde. Wenn aber in Betracht gezogen wird, dass im Land mehr als 2 Mio. Rentner leben, ist diese Zahl geradezu lächerlich. Dass die Impfungen nicht ausreichen, bestätigten auch zahlreiche Hausärzte und ältere Patienten. Die Antwort der Regierung auf diese Beschwerden lautet, dass es in zwei Jahren für ein Viertel der Senioren kostenlose Grippeschutzimpfungen geben werde.

Im kommenden Jahr 2020 sollen die Probleme der älteren Menschen stärker in den Vordergrund rücken, versprechen die Behörden. Vorgesehen ist, die Mindestrente ab dem 1. Juli auf 128 Euro anzuheben. Ab diesem Datum sollen alle Renten um 6,7% steigen, nachdem sie in diesem Jahr bereits um 5,7% erhöht wurden. „Alle freuen sich über diese Erhöhung“, unterstrich Premierministers Bojko Borissow. Doch diese Aussage ist geradezu zynisch.

Dem ehemaligen Minister für soziale Fragen, Iwan Nejkow, zufolge werde diese Erhöhung von 6,7% zu keiner nennenswerten Verbesserung des Lebensstandards der bulgarischen Rentner führen, die nur von ihrer Rente leben müssen, weil die durchschnittliche Jahresinflation von 3% die Differenz schnell „auffressen“ werde.

Sowohl das Weihnachtsgeld als auch die Grippeschutzimpfungen sind etwas Gutes, doch sie sind keine ausreichenden Maßnahmen, die das Grundproblem lösen werden. Die Renten müssen entsprechend den neuen Wirtschaftsrealitäten neu berechnet werden“, unterstreicht die 70-jährige Teodora Golgotschewa aus Sofia. „Mit 120 Euro Rente kann man nicht normal leben! Allein meine Medikamente kosten 50 Euro im Monat. Der Staat gibt riesige Summen für Flugzeuge, Autobahnen, Polizei und anderes aus. An uns erinnert man sich nur von Zeit zurzeit und gibt uns Almosen“, entrüstet sich die Seniorin.

Wenn über die niedrigen Renten in Bulgarien gesprochen wird, muss auch erwähnt werden, dass die bulgarischen Rentner arbeiten und neben ihrer Rente auch ein Gehalt beziehen können. Dass das eine Maßnahme mit einem realen Effekt ist, belegt die Tatsache, dass mehr als 60% der bulgarischen Senioren tätig sind, um ihre Einnahmen aufzubessern und weiterhin nützlich für die Gesellschaft zu sein.

Die bulgarische Nation altert und die Rentner machen einen immer größeren Teil der Gesellschaft aus, obwohl die Bulgaren die niedrigste Lebenserwartung in Europa haben. Die wachsende Zahl der Senioren führt auch zu steigenden Ausgaben für die Altersversorgung. Die Mittel, die im nächsten Jahr für Renten bereitgestellt werden müssen, werden 5 Mrd. Euro übersteigen, was um 373 Mio. Euro mehr ist im Vergleich zu diesem Jahr. Die Durchschnittsrente soll dann 211 Euro betragen.

Übersetzung: Georgetta Janewa



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