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Angela Rodel bringt der englischsprachigen Welt die bulgarische Literatur näher

Angela Rodel
Foto: Archiv

Die Amerikanerin Angela Rodel hat sich vor 15 Jahren dazu entschieden, in Bulgarien zu leben und zu arbeiten. Seitdem singt sie mit der Gruppe „Gologan“ bulgarische Ethnolieder und hat in mehreren Filmen bekannter bulgarischer Regisseure mitgespielt. Das, womit sie sich aber am meisten befasst, sind die bulgarische Sprache und das Übersetzen bulgarischer Autoren. Und aus eben diesem Grund ist sie zur Botschafterin der bulgarischen Kultur in der englischsprachigen Welt avanciert. Vor zwei Jahren wurde Angela Rodel für ihre Übersetzung des Romans „Physik der Schwermut“ von Georgi Gospodinow für einen Preis des Amerikanischen PEN-Clubs nominiert.

Angela Rodel wurde in Minnesota geboren und hat Linguistik und Russisch an der Yale University studiert. Dort sang sie im slawischen Chor der Universität mit und verliebte sich in den Klang der Lieder des Frauenchors „Das Mysterium der bulgarischen Stimmen“. 1995 kam Angela Rodel nach Bulgarien, um am Volkstreffen in Kopriwschtiza teilzunehmen. Aus ihrer Leidenschaft für die bulgarische Volksmusik entwickelte sich eine starke Liebe für Bulgarien, die bulgarische Sprache und Kultur. 1996 zog Angela Rodel im Rahmen des internationalen Austauschprogramms „Fulbright“ als Stipendiatin nach Sofia um. Hier studierte sie Literatur, Musik und Folklore. Bereits damals wurde ihre Wahl vor eine harte Probe gestellt. Im Winter des gleichen Jahres machte Bulgarien eine tiefe wirtschaftliche und politische Krise durch. Es kam zu Massenprotesten, die aufgebrachte Menschenmenge stürmte im Januar 1997 das Parlamentsgebäude. Angela Rodel erinnert sich, welch schwere Zeit die Menschen in Bulgarien damals durchgemacht haben, als die Inflation ihr Geld im Nu schmelzen ließ, so dass ihnen nicht einmal etwas für die kommende Woche übrigblieb. „Das war der Moment, in dem mir klar wurde, was das Bulgarien der Gegenwart darstellt und was für Menschen hier leben“, erinnert sich Angela Rodel. Mittlerweile unterrichtet sie trotz ihrer zahlreichen anderen Beschäftigungen auch an der Fakultät für slawische Philologien an der Sofioter Universität „Heiliger Kliment von Ochrid“ im Rahmen des Magisterprogramms für Übersetzer. Sie fühlt sich dort in ihrem eigentlichen Element und sagt, dass ein musikalisches Gehör das Erlernen einer Fremdsprache begünstigt.

„Wir Übersetzter stehen in der Regel nicht im Vordergrund. Es ist aber eine gute Idee, auch unsere Arbeit in dieser Literaturindustrie vorzustellen“, sagt Angela Rodel. „Übersetzung ist auch eine Kunst. Ich fühle mich in Bulgarien wie jemand, der zur rechten Zeit am rechten Ort war. Ein Meilenstein in meiner Entwicklung als Übersetzerin, aber auch der Entwicklung der ins Englische übersetzten bulgarischen Literatur, war die Gründung der Stiftung „Elisabeth Kostowa““. Elisabeth ist selbst Schriftstellerin und ist mit einem Bulgaren. Sie hat festgestellt, dass hier eine solche Institution Not tut, die sich um Übersetzungen kümmert. Ich habe nie Übersetzung gelernt, ich war nur Sprachwissenschaftlerin, doch ich wurde von Freunden immer wieder gebeten, eine Erzählung oder ein Gedicht zu übersetzen. Nun freue ich mich, dass ich an der Sofioter Universität unterrichte und stelle fest, dass es viele Bulgaren gibt, die mit der englischen Sprache aufgewachsen sind und im Ausland eine englischsprachige Bildung genossen haben. Sie kehren wieder nach Bulgarien zurück und das gibt mir Hoffnung, dass ich als Nachfolger viele gute Übersetzer haben werde. In zehn Jahren wird es weitaus mehr Menschen wie mich geben und das wird es ermöglichen, dass viel mehr bulgarische Autoren übersetzt und herausgegeben werden können.

Die bulgarischen Schriftsteller, deren Werke Angela Rodel bisher übersetzt hat, sprechen voller Dank und Begeisterung von ihr. Sie sagen, dass sie vielen Bulgaren, die genau wie sie ihre Träume verfolgen und realisieren wollen, als Vorbild dienen kann. „In den USA stellt die Übersetzung von Büchern aber eine ganze Industrie dar“, sagt Angela Rodel. „Man kann dort kein einziges Buch herausbringen, solange man nicht alle Phasen durchlaufen hat – von der Universität über Kurse für kreatives Schreiben, drei Rezensenten und Redakteure. Wie ein Kollege sich auszudrücken pflegt: In Amerika ist die Redaktionsarbeit eine Art Gemetzel, dort fragt ein jeder, warum deine Wahl genau auf dieses oder jenes Wort gefallen ist. An Bulgarien mag ich besonders, dass die Autoren sehr spezifisch sind.

Angela Rodel hat Dutzende bulgarische Autoren unserer Gegenwart übersetzt, aber nicht nur:

Derzeit übersetze ich Georgi Markow. Aber es ist schwierig, weil er sehr spezifisch ist, über seine Zeit, die 1960er Jahre berichtet, die Epoche des Sozialismus. Ich habe bisher mit Autoren gearbeitet, die ich anrufen und befragen konnte. Jetzt ist es aber viel gefährlicher, denn man ist allein und kann sich nicht mit dem Autor austauschen. Ein Publikum aber, das keine Ahnung über die Zustände des Sozialismus hat, kann das von Georgi Markow Geschriebene nicht begreifen. Er selbst kann bestimmte Dinge nicht direkt beim Namen nennen, sondern macht nur Anspielungen, so dass ich die Leser über diese Zeiten aufklären muss. Ich habe Kontakt zu seiner Ehefrau Annabel, die mir mit einigen Erklärungen weiterhilft, aber auch sie wagt es nicht, das Schaffen von Georgi Markow anzutasten.“

Übersetzung: Rossiza Radulowa



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