Am 28. Februar des Jahrs 1870 erkannte der Großwesir des Osmanischen Reiches, Ali Pascha, das Recht der Bulgaren auf eine eigenständige Kirche an, die vom Konstantinopler Patriarchat getrennt ist. Nach jahrzehntelangen Kämpfen um kirchliche Unabhängigkeit gab Sultan Abdülaziz schließlich einen Ferman heraus, mit dem ein selbständiges bulgarisches Kirchenexarchat im Rahmen des Konstantinopler Patriarchats gestattet wurde. Dieser Ferman, der die Hoffnungen der bulgarischen orthodoxen Geistlichkeit vergegenständlichte, wurde den bulgarischen Gläubigen in der osmanischen Hauptstadt von der Kanzel ihrer dortigen Kirche, geweiht dem heiligen Stephanus, gezeigt.
„Der Ferman ist das erste offizielle Dokument, mit dem eine bulgarische Institution nach annähernd 500 Jahren fehlender Eigenstaatlichkeit und 40 Jahren intensiver nationaler Kämpfe um eine eigene Kirche anerkannt wurde“, erzählt Dozentin Krassimira Alexandrowa, Direktorin der Nationalbibliothek in Sofia, in einem Interview für den Bulgarischen Nationalen Rundfunk. „Kraft des Sultan-Fermans und des Statuts des Exarchats, ausgearbeitet auf einem Kirchen- und Volkskonzil in Konstantinopel 1871, wurde das Bulgarische Exarchat als offizieller Vertreter des bulgarischen Volkes im Osmanischen Reich anerkannt.“
Der zweisprachige Ferman von Sultan Abdülaziz nimmt einen zentralen Platz unter den Originaldokumenten ein, die anlässlich des 150. Jahrestages seit der Gründung des Bulgarischen Exarchats in einer Ausstellung der Nationalbibliothek „Hll. Kyrill und Method“ in Sofia gezeigt werden.
Unter dem reichen Fotomaterial und den Drucken aus der Sammlung der Nationalbibliothek wird auch ein anderes einzigartiges Dokument vorgestellt – der Berât des Sultans Abdülaziz, mit dem als erster Exarch Antim I. ernannt wurde.
„Das Dokument trägt das Datum 12. April 1872. Es beeindruckt die elegante Kaligraphie und die Größe des Dokuments - es ist 75 Zentimeter breit und 1,50 Meter lang“, erzählt weiter Bibliotheksdirektorin Krassimira Alexandrowa und präzisiert: „Der Unterschied zwischen einem Ferman und einem Berât, die beides eine Art Erlass sind, besteht darin, dass mit dem Ferman die Institution gegründet und mit dem Berât sein erster Leiter ernannt wurde.
Als Nachkommen ist es unsere Pflicht, das Andenken an jene bedeutende Bulgaren wach zu halten, die mit Vaterlandsliebe, Mut und eigenen Mitteln an den Aufbau des Exarchats herangegangen sind. In der Nationalbibliothek hüten wir diese Dokumente, sind aber gleichzeitig bestrebt, sie bei passender Gelegenheit einem breiten Kreis von Menschen zu zeigen. Umso zielgerichteter wir an diese Aufgabe herangehen, desto überzeugendere Beweise können erwartet werde, wenn es darum geht, das Geschichtsgedächtnis aufzufrischen und das nationale Selbstbewusstsein zu heben.“
Die Exposition zeigt neben den genannten Dokumenten auch eine Karte Bulgariens mit den ethnischen Grenzen des bulgarischen Volkes, wie sie vom Ferman des Sultans vom 19. Februar 1870 gezeichnet wurden.
Die Ausstellung, gewidmet dem 150. Jahrestag der Gründung des Bulgarischen Exarchats steht den Besuchern bis Mitte März dieses Jahres offen.
Dieser Beitrag ist auf der Grundlage eines Interviews für das Inlandsprogramm „Horizont“ des BNR entstanden.
Redaktion: Elena Karkalanowa
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
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