Der Palmsonntag ist in Bulgarien ein beliebter und langerwarteter Feiertag. Er folgt unmittelbar dem Lazarustag und nach ihm kommt eine Woche später die Auferstehung Christi. Auf Bulgarisch nennt sich der Palmsonntag „Zwetnitza“ - zu Deutsch „Blumentag“ und an ihm feiern vor allem jene, deren Namen sich von Blumen ableiten.
Die orthodoxe Kirche begeht ihrerseits den Einzug von Jesus Christus in Jerusalem.
„Es sind viele Jahrhunderte seit jenem denkwürdigen Tag vergangen, doch das Echo der Lieder, mit denen der Herr in Jerusalem begrüßt wurde, ist immer noch zu vernehmen. „Gesegnet sei er, der da kommt im Namen des Herrn!“ Und wenn irgendwo jemand diesen Gesang zu ersticken versucht, wie es die Pharisäer taten, werden ihn sicher die Steine anstimmen, wie es Gott gesagt hat. Er bringt Frieden und Freude...“, schrieb Bischof Hilarion anlässlich des Festtags.
Christus wurde in Jerusalem mit Palmenzweigen begrüßt. Die Christen in den nördlichen Breiten, in denen es keine wildwachsenden Palmen gibt, benutzten bei den jährlichen Feiern anstatt der Zweige von Palmen solche von Weidenbäumen. Bis heute werden am Palmsonntag in den orthodoxen Kirchen Hunderte an Weidenzweige gesegnet, mit denen die Gläubigen beschenkt werden. Daher wird der Palmsonntag in Bulgarien auch „Weidensonntag“ genannt.
Die Weidenzweige spielen aber auch in den Volksbräuchen eine Rolle, die an diesem Tag gepflegt werden. Die Mädchen flochten Kränze aus ihnen, die sie in den nahen Fluss warfen. Man glaubte, dass wessen Kränzchen am schnellsten davongetragen wurde, noch im selben Jahr heiraten sollte. Die Frauen bereiteten ihrerseits die speziell für diesen Tag verwendeten Ritualbrote zu. Am Palmsonntag wurden die Haustiere auf die Weiden getrieben und zwar mit Weidenruten. Um die Gärten herum steckte man wiederum Weidenzweige in die Erde, was die Nutzpflanzen vor Maulwürfen bewahren sollte. Bis heute hängen sich die Bulgaren Weidengebinde an die Eingangstür oder stellen einige Zweige in den Hausalter. Diese werden so lang wie möglich aufbewahrt, weil sie nach altem Glauben dem Haus und seinen Bewohnern Gesundheit und Glück bescheren. Früher verwendete man diese Zweige auch gegen bösen Zauber und verschiedene Krankheiten. Man glaubte ferner, dass man Stürme und Hagelschauer abwenden könnte, wenn man durch solch ein Weidenkränzen, das zu Palmsonntag geflochten worden ist, zu den Gewitterwolken im Himmel schaut.
Viele alte Vorstellungen in der bulgarischen Folklore stammen noch aus heidnischer Zeit. Es ist der Glaube überliefert, dass die Weiden in Verbindung mit den Gottheiten der Unterwelt und dem Jenseits in Verbindung stünden, in dem die Ahnen leben würden. Die Weide ist aber auch ein Symbol des Frühlings und der nach dem Winter erwachenden Natur. Das gilt auch für alle Blumen, die am Palmsonntag bereits blühen.
Der Palmsonntag fällt in die Fastenzeit vor Ostern, doch die Bedeutung dieses Fests ist so groß, dass auf die Festtafel auch Fisch kredenzt werden darf, was auch von der Kirche gestattet wird.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: BGNES
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