Jonathan Middendorf stammt aus Hannover, lebt jedoch im Dorf Nikolowo, rund 7 Kilometer von der bulgarischen Donaustadt Russe entfernt. Hier hat er eine Familie gegründet, baut Kräuter an, züchtet Walnuss-Sämlinge und die von ihm angebotenen über 20 Arten ätherischer Öle erfreuen sich regen Interesses in Bulgarien, aber auch im Ausland.
Als Jonathan Middendorf vor 11 Jahren nach Bulgarien kam, sah es überhaupt nicht danach aus, dass er sich hier niederlassen wird. Es war im trüben Monat Dezember und ihm fielen sofort all die Unzulänglichkeiten, der herumliegende Unrat und die schlechte Luft auf. Es hätte auch nicht anders sein können – vordem lebte er an einem schönen Strand im sonnigen Neuseeland. Es war also keine Liebe auf den ersten Blick. Mittlerweile hat er aber Bulgarisch gelernt und fühlt sich heute mehr Bulgare, als Deutscher.
„Sobald es jedoch Frühling wurde, ergrünte das Land und die Kirschen und Aprikosen erblühten. Ich war von ihrer Schönheit fasziniert“, erzählt Jonathan. Zusammen mit seiner Frau – eine gebürtige Bulgarin aus dem Dorf Nikolaewo, begann er Bio-Landwirtschaft zu betreiben... und das Geschäft blühte auf.
„Ich habe die Landwirtschaft schon immer gemocht, weil man an der frischen Luft und auf dem Land ist. Man spürt seine Wurzeln und das, was im Leben wirklich wichtig ist“, sagt Jonathan. „Dieser Lebenszyklus ist immer mit dem Boden verbunden. Ich fühle mich wie ein anderer Mensch, wenn ich draußen bin und die Erde berühre. Mir gefällt, dass die Bulgaren Tomaten in ihren Gärten anbauen und irgendwie mit dem Boden und ihrer Heimat verbunden sind, was in Deutschland nicht der Fall ist.“
Heute werden Jonathans Produkte von Nikolowo nach ganz Europa, den USA und Kanada exportiert und sogar in einer Apotheke in Südafrika angeboten. Sein Unternehmen setzt hauptsächlich auf Online-Verkäufe. „Im Allgemeinen verbinden die Leute im Ausland Bulgarien mit Korruption und Kriminalität, daher waren unsere Kunden anfangs skeptisch, weil der Name Bulgarien in unserer Handelsmarke erwähnt wird“, sagt Jonathan und fügt hinzu, dass man im Ausland mit der Zeit immer mehr Vertrauen in „Made in BG“ hat. „Bulgarische ätherische Öle sind sehr hochwertig, äußerst natürlich und gesund und sind eine unbestreitbare Alternative zur traditionellen Medizin“, erklärt Jonathan.
Aber es mangelt auch nicht an Schwierigkeiten. Neben der Bürokratie und den Hürden der Behörden gibt es noch mehr: „Als landwirtschaftliche Kleinproduzenten bekommen wir Direktzuschüsse, werden aber mit Problemen konfrontiert. Das System ist unfair und chaotisch“, klagt Jonathan Middendorf und setzt fort: „Größere Subventionen werden nach einem Punktsystem vergeben, wie etwa bei der Beantragung eines Visums für Kanada. Man erhält mehr Punkte, wenn man mehr Land hat, mehr Arbeitskräfte anstellt und mehr exportiert.“
Auf diese Weise erhalten die großen Produzenten die fettesten Subventionen – in Millionenhöhe. Dies sei nicht fair gegenüber den Kleinbauern und stelle sie unter ungleiche Wettbewerbsbedingungen, meint Jonathan. Er fügt hinzu, dass in diesen schwierigen Zeiten der Corona-Seuche und der Krise die Kleinen am meisten leiden, im Gegensatz zu den Großen, die leichter an staatliche Hilfen und Subventionen kommen. Dennoch will Jonathan nicht aufgeben, denn hier in Bulgarien hat er seine Berufung gefunden und... seine Firma wächst. Er mag die Menschen in unserem Land, weil sie „offen und spontan sind und es schaffen, Probleme irgendwie einfach und schnell zu überwinden und immer zu überleben“. Ihm sagt aber der berüchtigte bulgarische Pessimismus keinesfalls zu und erklärt:
„Nicht alle, aber es gibt Leute, die sind pessimistisch und davon überzeugt, dass Bulgarien sich nie erholen wird und es besser sei, nach England oder nach Deutschland zu flüchten, weil es dort Okay sei! Ich treffe Menschen, die nicht für die Zukunft ihres Landes, für ihren Wohnort kämpfen wollen. Sie sind passiv, aber sie nörgeln und schimpfen über die Politiker. Okay, wenn du unzufrieden bist, versuche die Dinge zu ändern. Denn wenn alle anfangen, an die Gesellschaft, an das Gemeinwohl zu denken, wird es früher oder später besser“, fasst Jonathan Middendorf zusammen.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: Privatarchiv
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