Im August 2015 öffnete der berühmte Satz der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel „Wir schaffen das!“ die Türen des Alten Kontinents für einen riesigen Zustrom von Flüchtlingen des syrischen Bürgerkriegs. Mit ihnen machten sich aber auch Tausende Wirtschaftsmigranten aus Asien und Afrika nach Europa auf. Als Grenzstaat hat die Türkei einen Großteil des Flüchtlingsstroms abgefangen, hat die Situation aber auch für pragmatischere Zwecke genutzt und Finanzierung seitens der EU gefordert. Was Bulgarien betrifft, ist es für diese Art von Ausländern weiterhin eher ein Transitland.
Im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der Asylsuchenden jedoch im Vergleich zu 2020 verdreifacht. Laut dem Registrierungs- und Aufnahmezentrum in Harmanli, einem der Flüchtlingszentren in unserem Land, bekunden Arbeitgeber Interesse an Asylanten in unserem Land, aber nur 50 der 1.400 dort untergebrachten Menschen haben eine feste Anstellung. Sie werden hauptsächlich als Reinigungskräfte, Köche, im Dienstleistungsbereich und im Handel eingesetzt. Die meisten Ausländer wollen nicht für bulgarische Löhne arbeiten und das ist einer der Hauptgründe für die niedrige Beschäftigungsquote in diesen Gemeinschaften.
Dennoch hören die Bemühungen um ihre Integration in die bulgarische Gesellschaft und Lebensart nicht auf.
Unsere Landsfrau Iwa Gumnischka gehört zu jenen jungen Menschen, die das Thema Flüchtlinge und Menschenrechte zu ihrer Berufung gemacht haben. Ihre Bewerbung wurde von mehreren Universitäten in den Vereinigten Staaten akzeptiert, doch sie hat sich für die Universität in New York entschieden, weil man dort solche Kurse anbietet. Ihr tat sich eine ganze neue Welt auf, in der tausende Menschenschicksale einen nicht gleichgültig lassen können. Im Gegensatz zu den meisten Menschen, die sich nicht besonders um das Schicksal anderer Menschen kümmern, sieht Iwa auch die andere Seite der Medaille. Sie hat ein Sozialunternehmen gegründet, um den von Konflikten Betroffenen zu helfen und arbeitet mit Organisationen aus Syrien, Afghanistan, dem Libanon und dem Jemen zusammen. In unserem Land nutzen etwa 40-50 Menschen die Dienste dieses Sozialunternehmens.
„Wir wollen den Menschen helfen, sich entsprechenden Fähigkeiten zu erwerben und Möglichkeiten zu erhalten, durch digitale Technologien Geld zu verdienen. Zu diesem Zweck müssen sie lernen, mit dem Computer umzugehen, müssen Englisch lernen oder ihre Sprachkenntnisse in Englisch verbessern und mit verschiedenen Online-Plattformen arbeiten. Unsere Stiftung organisiert auch Kurse in Grafikdesign, Programmierung und Unternehmertum. Und unser Unternehmen bietet Möglichkeiten, von zu Hause aus an verschiedenen Projekten zu arbeiten.“
Iwa Gumnischka blickt inzwischen auf dreijährige Erfahrungen im Bereich Soziales Unternehmertum zur Unterstützung von Flüchtlingen zurück. In dieser relativ kurzen Zeit sah sie sich mit einer Reihe von Problemen konfrontiert. Damit diese gelöst werden, muss der Staat entschieden eingreifen, meint sie.
„Für die Integration von Flüchtlingen ist ein klar strukturiertes, zentralisiertes Programm notwendig“, betont Iwa. „Viele Leute kommen, ohne unsere Sprache zu sprechen. Nur wenige sprechen Bulgarisch, meistens weil sie in Bulgarien studiert haben. Diese Menschen müssen nicht nur in einem spezialisierten Programm die Sprache erlernen – und an einem solchen Programm mangelt es derzeit auf staatlicher Ebene - sie müssen Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten. Die Rolle des Staates besteht darin, diesen Prozess zu unterstützen, indem er Informationen bereitstellt, in welchen Sektoren unserer Wirtschaft ihre Erfahrungen genutzt werden können.“
Als großes Hindernis für die schnelle Integration von Flüchtlingen sieht Iwa Gumnischka auch die schwerfälligen bürokratischen Prozeduren an. Ihre Nichtregierungsorganisation hilft bei der Lösung aller Arten von administrativen Fragen.
„Wir erklären ihnen, wie sie Sozialversicherungsbeiträge zahlen können, welche Arten von Verträgen sie unterzeichnen müssen und was sie dabei beachten müssen. Für viele Einwanderer ist es schwierig, überhaupt ein Konto zu eröffnen, weil die Banken sie abweisen. Deren Mitarbeiter dürfen das nicht tun, insbesondere bei Vorlage eines bulgarischen Personalausweises. Denn so werden Flüchtlinge dazu verurteilt, ihr Geld auf die Hand zu bekommen und Teil der Schattenwirtschaft zu werden, was nicht im Interesse unseres Landes ist“, so Iwa Gumnischka abschließend.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
Fotos: Facebook / @humansintheloop
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