„Gleiche Arbeit verdient gleichen Lohn. Wenn eine Lohndiskriminierung vorliegt, haben Frauen das Recht zu kämpfen, um das zu bekommen, was sie verdienen.“ Das erklärte die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Layen. Das Recht auf gleichen Lohn für Männer und Frauen für gleichwertige Arbeit ist seit 1957 ein Grundprinzip der EU und gilt bis heute. Die Forderung nach garantierter Gleichheit beim Entgelt ist auch in der Richtlinie zur Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Beschäftigungsbereich verankert. Die effektive Umsetzung dieses Grundsatzes in der Praxis bleibt jedoch weiterhin eine ernsthafte Herausforderung.
In einem Bericht, der keinen legislativen Wert hat, der kürzlich von den europäischen Abgeordneten angenommen wurde, wird betont, dass das gleiche Entgelt und die Gleichbehandlung beider Geschlechter eine wesentliche Voraussetzung für die Gleichberechtigung, wirtschaftliche Unabhängigkeit und die Karriereentwicklung von Frauen ist. Die Abgeordneten trugen jedem Mitgliedstaat auf, konkrete Maßnahmen vorzuschlagen, um die Ungleichheit der Geschlechter zu verringern.
In keinem der Länder dürften Frauen beim Zugang zur Beschäftigung diskriminiert werden. Die erheblichen Lohnunterschiede hätten negative Auswirkungen auf die Lebensbedingungen der Frauen, heißt es im Bericht der portugiesischen Europaabgeordneten Sandra Pereira.
„Für Frauen müssen bestmögliche Arbeitsbedingungen garantiert werden, damit sie ihren Anspruch auf Mutterschaftsurlaub wahrnehmen können, aber auch die Möglichkeit zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie haben. Die EU hat eine neoliberale Politik durchgesetzt, die zu hoher Arbeitslosigkeit und sinkenden Löhnen geführt hat. Wir können nicht davon sprechen, ein Gleichgewicht zwischen Privat- und Berufsleben zu erreichen, wenn die Arbeitsrechte von Frauen nicht respektiert werden und ihre Gehälter nicht ausreichen, damit sie bis Monatsende durchkommen. Wir können nicht über eine Karriereentwicklung sprechen, wenn die Frauen keinen Zugang zur Betreuung ihrer Kinder in Ganztagskindergärten haben und sie sich um ihre betagten Eltern oder andere Familienangehörige kümmern müssen.“
Wie in allen anderen EU-Mitgliedsstaaten verschärfte Covid-19 auch in Bulgarien die bestehende Ungleichheit bei der Eingliederung von Frauen in den Arbeitsmarkt. Der Grund für diese Tatsache ist, dass in den am stärksten von der Krise betroffenen Wirtschaftsbereichen wie Tourismus, Hotel- und Gaststättenwesen sowie Gesundheitswesen die Frauen dominieren. Diese Wirtschaftszweige zeichnen sich ohnehin seit je her durch niedrige Löhne aus.
Parallel zu den vielen Defiziten waren es die Frauen, die durch die Schul- und Kindergartenschließungen überproportional viel Verantwortung für die Betreuung der Kinder übernommen haben.
„Angaben von EUROSTAT zufolge beträgt der geschlechtsspezifische Lohnunterschied in Bulgarien 14,1% und hat im Vergleich zum Vorjahr leicht zugenommen“, gab Violetta Iwanowa, Expertin am Institut für Sozial- und Gewerkschaftsforschung der Gewerkschaft KNSB.
„Diese Tatsache erfordert, dass unsere nationale Gesetzgebung die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben von Eltern, die ihre Kinder selbst betreuen, beschleunigt. Es wird erwartet, dass die Kluft beim Zugang zu Jobs und Bezahlung größer wird, insbesondere als Folge von Covid-19. Diese Faktoren führen zu einem höheren Risiko finanzieller Instabilität und langfristig zu niedrigeren Renten. In Bulgarien beträgt der Unterschied zwischen den Renten von Männern und Frauen etwa 24%. Wenn keine wirksame Lösung für diese Probleme gefunden wird, wird das zur Feminisierung der Armut und zum wirtschaftlichen Verlust insgesamt führen.“
Übersetzung: Georgetta Janewa
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