„Ihr müsst wissen, dass ganz Europa über eure Mittel empört ist und es wird euch bald von hier vertreiben… Es ist vorbei mit euch!“ Das ist kein politisches Zitat aus den heutigen Nachrichten, sondern die Worte von Zako Djustabanow während des Aprilaufstands; er war ein Revolutionär und Anführer des Ersten Revolutionsbezirks von Tarnowo. Djustabanow sprach diese Worte vor dem türkischen Gericht aus, wenige Stunden bevor er am 15. Juni 1876 in Tarnowo gehängt wurde. Seine Aussage verdeutlicht die Bedeutung des Aufstands und das Selbstopfer von Hunderten von Bulgaren, die mit ihrem Blut die bulgarische Fahne wieder auf der Landkarte der damaligen europäischen Diplomatie hissten und den Russisch-türkischen Krieg von 1877/78 ankündigten, der zur Befreiung Bulgariens führte.
Am 1. Mai (nach neuem Kalender) wird der 146. Jahrestag seit dem Ausbruch des Aprilaufstands begangen. Getreu der Traditionen organisieren die einstigen Zentren des Aufstandes Klissura, Kopriwschtitza und Panagjurischte in Zentralbulgarien Festprogramme, die am 30. April beginnen.
In Kopriwschtitza, in dem der Aufstand als erstes ausbrach, beginnen die Feierlichkeiten mit der Eröffnung einer Ausstellung „Ich bin eine Bulgarin“ des Fotografen Radoslaw Parwanow.Für den Abend des 30. April ist eine Gedenkveranstaltung geplant, berichtete für Radio Bulgarien Kunka Nedelewa, Direktorin der Museen im Architektur-Reservat Kopriwschtitza.
„Das Programm wird am 1. Mai (Tag der Stadt Kopriwschtitza) mit Ehrungen am Grab des Revolutionärs Todor Kableschkow fortgesetzt. Die Hauptveranstaltung wird die Theateraufführung „Das erste Gewehr“ sein, in der Episoden des Aprilaufstands vorgestellt werden. Es ist eine ergreifende Inszenierung. An der Nachstellung der Ereignisse von damals werden sich über 200 Amateure aus Kopriwschtitza beteiligen. Der Altersunterschied zwischen dem jüngsten und dem ältesten Teilnehmer beträgt fast ein Jahrhundert. Es ist ein Spektakel, das es wert ist, von jedem mindestens einmal im Leben gesehen zu werden“, sagt Nedelewa.
Die historische Nachstellung wurde erstmals 1926 durchgeführt und seitdem jedes Jahr organisiert.„Das ist das Mindeste, was wir für diese glänzenden Persönlichkeiten tun können, die für die Freiheit Bulgariens gestorben sind; wir müssen sie mit Würde ehren“, sagte Kunka Nedelewa und betont, dass die Geschichte nicht nur im Stadtbild von Kopriwschtitza und seinen Kopfsteinpflasterstraßen lebendig ist, sondern auch in den Herzen eines jeden seiner Bürger.
„Für die Einwohner von Kopriwschtitza ist dieses Ereignis emblematisch. Es gibt Generationen von Einheimischen, die im Laufe ihres Lebens alle Rollen durchlaufen – von den Kindern über die Junggesellen bis hin zu den Aufständischen. Ich muss sagen, dass das Interesse überaus groß ist, besonders unter den Kindern, die sich für eine bestimmte Rolle bereits ein Jahr zuvor einschreiben lassen, nur um sicher zu gehen, dass sie an der Show teilnehmen werden. Sie leben für diesen Augenblick.“
Heute lässt die Erinnerung an die Ereignisse vor 146 Jahren in Bulgarien und der Geruch von Schießpulver nicht nur Nationalstolz aufkommen, sondern auch ein wenig Angst und Schmerz angesichts des Grauens, das Millionen von Menschen erleben, die im 21. Jahrhundert vor dem Krieg in der Ukraine fliehen müssen. „Die Geschichte ist eine gute Lehrerin, doch wir offensichtlich schlechte Schüler“, meint Nedelewa. Als Historikerin und Bürgerin ist sie fest davon überzeugt, dass der Krieg ein Mittel ist, zu dem man auf keinen Fall greifen sollte.
„Ich appelliere an alle Bulgaren, sich ihrer Wurzeln zu besinnen, diese nicht zu verlieren und ihre Geschichte zu kennen, die Vorfahren zu ehren und das an die Kinder weiterzugeben, die nach uns kommen.“
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: BGNES, Radoslaw Parwanow
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