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Die bulgarische Spur im österreichischen Dorf Pulgarn

Foto: Archiv

Im 20. Jahrhundert schrieb der italienische Forscher Dr. Vincenzo d'Amico, dass mehr als 700 Siedlungen in Italien von Protobulgaren gegründet worden sind. Seine Werke zu diesem Thema werden heute in der Nationalbibliothek „Heilige Kyrill und Method“ aufbewahrt.

Der Grund, warum sich die Protobulgaren zu Beginn des 7. Jahrhunderts in diesen Ländereien niederließen, ist, dass sie nach einem dynastischen Streit aus dem Awaren-Khaganat fliehen mussten. Etwa 9.000 von ihnen machten sich auf den Weg nach Bayern, doch auf Befehl des Frankenkönigs Dagobert wurden viele getötet. Es wird angenommen, dass ihre Gebeine im Kloster „Sankt Florian“ aufbewahrt werden, das 10 Kilometer von Linz entfernt liegt. Den meisten geflohenen Bulgaren, angeführt von Khan Alzek, gelang es jedoch, das Land der Alpenslawen, Vorfahren der heutigen Slowenen, zu passieren und in Norditalien Zuflucht zu finden. Anschließend wurden sie von den Langobarden in der Region Beneventoangesiedelt.

Zwei Gruppen von Bulgaren blieben allerdings in Bayern. Einige von ihnen ließen sich in Salzburg nieder, andere unweit des heutigen Linz. Mit Hilfe unseres Gesprächspartners Dimitar Dunkow stellen wir Ihnen ihre weniger bekannte Geschichte vor.

Dimitar Dunkow war einer der ersten Lehrer an der bulgarischen Sonntagsschule „Orpheus“ in Linz. Auf das Thema der jahrhundertelangen bulgarischen Präsenz in diesen Ländern wurde er von einem älteren Österreicher aufmerksam gemacht, der den von Dunkow geleiteten Bulgarisch-Sprachkurs für Ausländer besuchte. Von ihm erfuhr er, dass 6 Kilometer von Linz entfernt die Siedlung Pulgarn liegt, die vermutlich von Bulgaren gegründet wurde

Nach Recherchen im Landesmuseum und in der Stadtbibliothek von Linz erzählte Dimitar Dunkow diese Geschichte in mehreren Publikationen, die vor mehr als 10 Jahren in der Zeitschrift „Bulgaren in Österreich“ veröffentlicht wurden.

„In der Mitte des 7. Jahrhunderts bestand die lokale Bevölkerung rund um Linz aus Deutschsprachigen und Slawen. Es waren die Einheimischen, die die Siedlung der Neuankömmlinge Bulgarn nannten”, erklärte Dunkow. „Der Name leitet sich vom bayerischen Namen für Bulgaren ab – Bulgara.

Die in Salzburg ansässigen Alzek-Bulgaren wurden christianisiert. Einige von ihnen wurden Mönche in den Klöstern in der Nähe der Stadt. Mönche aus dem Salzburger Kloster „St. Peter“ wurden nach Bulgarn geschickt, um dort im Grenzgebiet zum Awaren-Khaganat ein Kloster zu errichten. Es ist logisch anzunehmen, dass diese Mönche Nachkommen der Alzek-Bulgaren waren und dies in ihrer Erinnerung behalten haben. Das gegründete Kloster wurde auch Bulgarn – das bulgarische Kloster – genannt.”

Dunkows Nachforschungen führten ihn auch zu der Person, die zuerst den Namen der Siedlung und des nahegelegenen Klosters erwähnt hat.

„Die erste urkundliche Erwähnung des Dorfes und des Klosters erfolgte durch den Bischof von Passau in Bayern im Jahr 1111. In den fast vier Jahrhunderten, die bis dahin vergangen waren, waren die Bewohner bereits germanisiert und christianisiert worden. Im 13.-14. Jahrhundert begann der Aufstieg der Siedlung und des Klosters. Im Jahr 1303 gelangten sie und das errichtete Siechenhaus unter das Patronat des Wiener Ordens vom Heiligen Geist. 1328 wurde ein Frauenkloster gegründet, das sich zu einem großen Klosterkomplex entwickelte. 1342 wurdendas Männer- und Frauenkloster unabhängig, hatte aber in den folgenden Jahrhunderten ein schweres Schicksal. 1609 übergab der ungarische König Matthias Corvinus das Kloster dem Linzer Jesuitenorden und es wurde erneut katholisch.

Welches Schicksal hat der Ort heute?

Das heutige Dorf Pulgarn liegt am Fuße des Böhmerwaldes, etwa einen Kilometer von der Donau entfernt in Richtung Tschechien. Es ist eine beschauliche und ruhige Siedlung, die zu den beliebtesten Vororten von Linz gehört. 

Im Kloster wurden Gottesdienste abgehalten und Konzerte mit Kirchenmusik veranstaltet, bis vor fünf Jahren der gesamte Komplex umgebaut und in ein Hotel mit Konferenzzentrum verwandelt wurde. Der Altar und die Kirchenutensilien wurden jedoch erhalten und im Landesmuseum der Stadt Linz untergebracht, informiert Dimitar Dunkow.


Übersetzung: Antonia Iliewa

Fotos: Archiv, Dimitar Dunkow



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