Wenn wir über Bulgarien sprechen, schleicht sich oft die Trennlinie zwischen „vorher“ und „jetzt“ ein – in politischer, sozialer und historischer Hinsicht. Aber etwas, in dem unser Land unbestreitbar präsent ist, ist die Weltgeschichte der Opernkunst. Boris Christow, Nikolaj Gjaurow, Nikola Gjusselew, Gena Dimitrowa, Rajna Kabaiwanska, Alex Penda... – sie gehören zu den bulgarischen Stimmen, die die Unsterblichkeit der großen Kunst namens Oper prägten. Vorher, jetzt und für immer! Die Sopranistin Sonya Yoncheva, mit dem Auftreten einer echten Diva und der Bescheidenheit eines großen Talents, gehört in den letzten zwei Jahrzehnten zu ihnen.
„Es war für mich immer ein Privileg zu sagen, dass ich Bulgarin bin, woher ich komme und was ich in mir trage. Für mich ist es ein großes Privileg, im Laufe meiner Karriere diese kleine Rolle in der Geschichte der klassischen bulgarischen Musik zu spielen“, sagte die weltberühmte Sopranistin bei ihrem letzten Besuch in der Heimat im
März. Anlass war ihre Debütbeteiligung an einer Gesamtaufführung auf der Bühne der Nationaloper in Sofia.
Zwölf Jahre nach ihrem ersten Konzert vor einheimischem Publikum und langen Monaten des Verhandelns und Einarbeitens in ihren Arbeitsplan wurde sie auf der bulgarischen Bühne als Mimi aus Puccinis Oper „La Bohème“ wiedergeboren. Das Debüt in dieser Rolle im Jahr 2014 brachte Sonya Yoncheva auf die Bühne der Metropolitan Opera. Es folgten Auftritte an der Pariser Oper, der Mailänder Scala, der Staatsoper Berlin und der Bayerischen Oper München.
Sonya Yoncheva ist die „perfekte Mimi“ – schrieben die Weltkritiker und davon konnte sich auch die bulgarische Öffentlichkeit auch diesmal wieder überzeugen.
Was ihren Welterfolg angeht, antwortete Sonya Yoncheva mit ihrem bezaubernden Lächeln, dass sie ihn weder anstrebte noch dafür kämpfte. „Ich lasse ihn kommen, wann immer er will“, sagte sie bei ihrem Treffen mit Journalisten in Sofia.
„Für mich war mein Erfolg nie allein nur mein Erfolg. Er gehört allen anderen um mich herum. Deshalb arbeite ich in der Oper, weil es eine riesige Maschine außergewöhnlicher Künstler ist, die zwei Stunden lang auf einer Bühne atmen, arbeiten und leben. Das ist wirklich einzigartig.“
„Neben dem Singen bin ich ein großer Fan der menschlichen Stimme“, fügte Yoncheva hinzu.
„Ich denke, die menschliche Stimme ist wirklich ein Spiegel unserer Seele. Sogar meine Karriere begann, weil ich mich in die Stimme einer Sängerin verliebte, deren Namen ich nicht einmal kenne. Ich war ein kleines Mädchen, 14-15 Jahre alt, als ich in einem Chor sang, und sie kam als Solistin und ihre Stimme war so schön, dass ich dank ihr begann, professionell zu singen. Diese Liebe für den Klang und die Klangfarbe der menschlichen Stimme veranlasste mich, die Konzertreihe „Geheime Stimmen“ im Saal „Bulgaria“ zu organisieren. Weltkünstler singen darin Lieder aus ihrer Seele und aus ihren Ländern vor einem bulgarischen Publikum. Ich liebe Musik in ihrer gesamten Palette”, gestand Yoncheva.
„Ich denke, dass es der Musik als Kunst gelingt, alle unsere Zustände zu benennen und so tief in unsere Psychologie einzudringen, dass wir keine weiteren Worte brauchen, um uns auszudrücken.“
Vittorio Grigolo, Rolando Villazón, Piotr Beczala und Joyce DiDonato sind die Stars der zweiten Sofia Saison von „Geheime Stimmen“, die im Oktober 2024 beginnt.
Darüber hinaus wird die Veranstaltung auch ihr zweites Zuhause haben – die prestigeträchtige „Victoria“-Halle in Genf, in der die Konzerte zu hören sind, die zuvor in Bulgarien aufgeführt wurden. Und schon in wenigen Monaten wird Sonya Yoncheva einem Publikum in Deutschland ein neues Programm präsentieren.
„Ich habe in Baden-Baden in vier Monaten ein Projekt mit dem Titel „Die singende Schauspielerin“ – ein Programm mit Filmmusik von den 1930er Jahren bis heute. Der Dirigent wird Maestro Najden Todorow sein. Ich habe viele schöne Musikstücke aus Filmen gesammelt, von denen mir mein Großvater erzählt hat und die meine Großmutter vor dem Spiegel gesungen hat. Ein Lied aus dem bulgarischen Kino ist ebenfalls enthalten – „Bleib still“ von Mimi Nikolowa aus dem Film „Ljubimez 13“. Dieses Projekt schwirrte mir schon seit vielen Jahren durch den Kopf, aber jetzt ist es an der Zeit, es zu verwirklichen.“
Und die Traumrolle ist immer noch so nah wie fern:
„Ich habe große Sympathie für die Salome von Richard Strauss, aber ich weiß, dass ich die Rolle vorerst nicht singen kann. Es bleibt wie ein Traum in meiner Seele, denn Salome ist so jung, so energisch und erotisch, was dem Wahnsinn, der Jugend innewohnt und gleichzeitig eine so starke und äußerst erfahrene Stimme erfordert. Ich bin stimmlich noch nicht bereit für sie, aber sie bleibt in meinen Träumen”, so Yoncheva.
Im Sommer ist die Opernprima in zwei Titeln beim Festival „Oper im Sommertheater“ in Warna zu Gast. Am 6. August mit der Oper „La Bohème“ unter der Leitung von Krastin Nastew und am 10. August mit „Manon Lescaut“ von Puccini unter der Leitung von Najden Todorow und unter Mitwirkung des berühmten armenischen Tenors Arsen Soghomonyan.
Am 4. Dezember 2024 kehrt Sonya Yoncheva zu ihrer nächsten Teilnahme bei „Geheime Stimmen“ mit dem weltweit erfolgreichen Gesangsstück „Ad una stella“ nach Sofia zurück.
Übersetzung: Antonia Iliewa
Redaktion: Rossiza Radulowa
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