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Bulgaren schließen sich der "Bewältigung" des kosmischen Abfalls an

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Um die Erde kreisen über 650.000 Körper, ein Großteil davon Überreste von Raketen und ausgedienten Satelliten.
Foto: wikipedia.org

Erinnern Sie sich an den sympathischen kleinen Roboter Wall-E, der mit der Aufgabe betraut wurde, die von den Menschen in eine Abfalldeponie verwandelte Erde zu säubern? Es hat sich herausgestellt, dass wir vor die Herausforderung eines anderen apokalyptischen Szenarios gestellt sind und zwar nicht in einem Trick- oder Hollywood-Film sondern in der Realität.

In wenigen Jahren könnte sich der Weltraum um unseren Planeten mit kosmischen Abfall verstopfen. "Laut derzeitigen Angaben kreisen über 650.000 Körper um die Erde, ein Großteil davon Überreste von Raketen und ausgedienten Satelliten", erklärte Doz. Alexej Stoew, Direktor des Instituts für kosmische Forschungen und Technologien, Zweigstelle Stara Zagora, gegenüber Radio Bulgarien. Wenn einer dieser kosmischen Abfälle die Umlaufbahn eines aktiven Satelliten oder einer Raumstation kreuzt, kann er enorme Schäden verursachen. "Selbst ein nur ein Zentimeter großes Bruchstück, das sich mit großer Geschwindigkeit bewegt, hat eine so große kinetische Energie, dass der Zusammenstoß mit einem Raumschiff ein fatales Ende haben könnte. Bei einem bemannten Raumflug könnte es dann zur Enthermetisierung kommen, was die Kosmonauten nicht überleben würden", umreist Dozent Stoew eines der unheilvollsten Szenarien. Störungen in der Navigation, der Funkverbindungen, des Fernsehens, Störungen bei Geräten zur Fernkontrolle der Erdoberfläche und Ozeane sind nur ein Bruchteil der möglichen Probleme.

Um all dem aus dem Weg zu gehen, haben sich die Raumfahrtnationen jetzt Aufgabe gestellt, den kosmischen Technologieabfall in niedrigen und mittleren Erdbahnen zu beobachten und kontrollieren. Auch bulgarische Wissenschaftler unter der Leitung von Dozent Stoew haben sich ihren in einem internationalen Konsortium vereinten Kollegen aus Russland, Frankreich, Deutschland und den USA angeschlossen. In Bulgarien soll eine kleine Beobachtungsstation mit einem Teleskop und moderner Computerausstattung die Bilder auswerten und für die beobachteten Objekte die konkreten Koordinaten ermitteln.

"Auch werden wir uns an der Modellierung dieses technogenen Abfalls beteiligen und so die Wahrscheinlichkeit ausloten, mit welcher einige dieser Körper die Umlaufbahnen wichtiger Satellitensysteme kreuzen könnten", erklärt Alexej Stoew weiter. "Das ist eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe, der wir denke ich genügen werden, zumal wir bereits Erfahrungen in diesem Bereich haben. Im fernen Jahr 1959 wurden in Bulgarien drei Beobachtungsstationen für künstliche Erdsatelliten eingerichtet. Diese Beobachtungen dauerten bis 1987 an. Jetzt widmen wir uns erneut einer solchen Aufgabe, nur eben mit modernen Beobachtungsmitteln, mit schnellen Computern mit Parallelprozessoren, die ein großes Datenmassiv verarbeiten können. Einige dieser Massive enthalten die Koordinaten von rund 300-400.000 Körpern. All diese müssen einer evolutionären Entwicklung unterzogen werden, um festzustellen, was mit ihnen im Zuge der Klimaänderung aber auch infolge veränderter Sonnenaktivitäten passieren wird. All das wird unsere Aufgabe sein."

Der älteste US-Satellit Vanguard 1 (Start 17. 3. 1958) soll in der Erdumlaufbahn etwa 240 Jahre verbleiben. Foto: NASAEin Teil der Software soll von bulgarischen Spezialisten erarbeitet werden. Die ersten reellen Beobachtungen werden gegen Ende Sommer erwartet und sollen auch die ersten Daten für die Datenbank liefern. Das Projekt hat eine Laufzeit von zehn Jahren. Allerdings ist Dozent Stoew überzeugt, dass das bulgarische Team auch in der Folgezeit an diesem Projekt arbeiten wird. Untermauert wird diese Prognose durch die Tatsache, dass Bulgarien zu den ersten sechs Staaten der Welt zählt, die sich im fernen Jahr 1959 der Beobachtung der ersten künstlichen Erdtrabanten angeschlossen haben. Wird die Teilnahme an einem solchen Projekt Bulgarien den Ruhm eines kosmischen Landes zurückbringen?

"Ein Teil des bulgarischen Ruhmes im Bereich der kosmischen Forschung ist namentlich in der Entwicklung von Spezialgeräten angesiedelt", erklärt Doz. Stoew weiter. "Im Institut für kosmische Forschungen und Technologien wurde vor Jahren ein kosmisches Teleskop entwickelt, mit welchem aktive kosmische Satelliten beobachtet wurden, wobei ein Laserfernmesser die Entfernung zu ihnen maß. All das wurde hier in Bulgarien verwirklicht. Das Teleskop hatte einen Spiegel mit einem Durchmesser von 60 cm, also kein Pappenstiel. Die gesamte Technologie wurde von bulgarischen Ingenieuren entwickelt und von bulgarischen Technologen im Wissenschaftsbetrieb Kosmos in Stara Zagora hergestellt, der zu unserem Institut gehört. All das ist also nichts Neues. In der heutigen Zeit könnten wir auf diese Weise den Nachwuchs mit Goldmedaillen von internationalen Olympiaden in Physik, Astronomie, Informatik und bulgarische Absolventen renommierter Universitäten  motivieren, nach Bulgarien zurückzukehren und internationale Spitzentechnologien zu entwickeln. Meiner Ansicht nach ist das ein reelles Vorhaben, was wir zumindest an unserem Institut verwirklichen wollen."

Übersetzung: Christine Christov



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