Gemäß den neuen EU-Vorgaben wird das Nationale Statistikamt in Bulgarien ab September 2014 auch die Wirtschaftsleistung aus der Schattenwirtschaft in das Bruttoinlandsprodukt mit einbeziehen. Seit 2010 erfasst der Staat bereits eine Reihe illegaler Tätigkeiten und berücksichtigt sie bei der Berechnung des Bruttoinlandsprodukts. Solche Geschäfte machen normalerweise bis zu 13 Prozent des BIP aus. In die Sparte Schattenwirtschaft fallen Kofferhandel, Schwarzarbeit, Einnahmen in Form von Schmiergeld und Naturalien etc. Neu ist, dass künftig auch Einkünfte aus Prostitution und Drogenhandel mit in das BIP einberechnet werden sollen.
Die Erfahrung in einigen EU-Staaten zeigt, dass der BIP-Wert infolge der neuen Messmethode um zwei bis sechs Prozent ansteigen könnte. Ab Oktober wird auch die Statistik in Bulgarien die neuen Regeln befolgen und das BIP nach den neuen Vorgaben berechnen müssen, wobei sie einen größeren Teil der Schattenwirtschaft berücksichtigen wird. Dies teilte während einer Pressekonferenz Elka Atanasowa mit, Leiterin der Abteilung „Makroöknomische Statistik“ im Nationalen Statistikamt. Dabei werde man keine statistischen Studien über Prostitution und Drogenhandel anstellen, sondern auf Informationen von nationalen und internationalen Institutionen zurückgreifen. Die ersten Schätzungen liegen bereits vor und sollen demnächst publik gemacht werden. Außerdem sollen auch Angaben über die sogenannte „imaginäre Miete“ gesammelt werden. Gemeint sind Wohnungen, die von ihren Eigentümern bewohnt werden. Zudem sollen auch neue Aspekte der Einnahmen aus Naturalien erforscht werden, damit man die Ausgaben der Arbeitgeber für Handys, Transportkosten, Kleidung, Nahrungsmittelcoupons etc. für ihre Arbeitnehmer erfassen kann.
Was hinter dem Begriff „imaginäre Miete“ steckt und warum sie eine wichtige Komponente bei der Bewertung der Lebensqualität der EU-Bürger darstellt, erfahren wir von der Expertin Elena Balakowa:
„Diese Bewertung ist notwendig, weil es in den ehemaligen Ostblockstaaten viele Leute gibt, die in ihren Eigentumswohnungen leben. Während im Westen ca. 45 Prozent der Menschen in eigenen Immobilien hausen, sind es bei uns bis zu 96 Prozent. Um Vergleiche anstellen zu können, müssen wir deshalb ausrechnen, was diese Leute bezahlen würden, falls sie in Miete leben. Diese Summe wird in allen EU-Ländern in das BIP einbezogen. Bis 2005 wurden diverse Versuche unternommen, diese Wertung für die unterschiedlichen Länder vorzunehmen. Dann wurden Regeln für die Berechnung der „imaginären Miete“ aufgestellt. Die EU-Kommission empfiehlt Bulgarien sogar, eine Zählung der Haushaltsgaragen vorzunehmen und auch für sie einen Wert zu bestimmen, der zu der „imaginären Miete“ dazu gerechnet wird. So wird der Wert des Wohnungsfond im Besitz der einzelnen Haushalte aufgestockt. Die neuen Vorgaben müssen in die Praxis eingeführt werden, weil man bereits nach der neuen Methodologie der Europäischen Kommission arbeitet“, erläuterte Elena Bakalowa.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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