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Die Heimarbeiter – eine unsichtbare Armee ohne Rechte

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Bunte Souvenirs, filigrane Schmuckstücke, feinste Stickerei, Stoffpuppen, einzigartige Holzschnitzerei…Solche Schönheiten schaffen die geschickten Heimarbeiter in Bulgarien, die fast 450.000 an der Zahl sind. „Fast 80% von ihnen sind Frauen, die in der Leichtindustrie beschäftigt sind“, berichtet Violeta Zlatewa, Vorsitzende der Vereinigung der Heimarbeiter und Chefin der Gewerkschaft der Selbständigen und informell Beschäftigten in Bulgarien. Wenn vor Jahren überwiegend Rentner damit beschäftigt waren, sind es nun zunehmend jüngere Menschen, sogar Akademiker, die ihr Hobby zum Beruf machen. Darunter gibt es auch Juristen, Wirtschaftsfachleute, Lehrer und andere, die ohne Arbeit geblieben sind, teilt die Vereinigung der Heimarbeiter mit. Laut Zlatewa steigt die Zahl der Heimarbeiter weiter.

Auch gibt es immer mehr informell beschäftigte Landarbeiter und Straßenverkäufer“, sagt sie. „Ein ernsthaftes Problem in Sofia sind die Straßenmusikanten, die ebenfalls informell beschäftigt sind. Man muss diese Beschäftigungsgruppe näher betrachten, auch die arbeitenden Behinderten brauchen mehr Aufmerksamkeit – sie sind fast ausschließlich mit Heimarbeit beschäftigt und zählen somit zu der Schattenwirtschaft.

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Laut Vertreter der Vereinigung, die bereits seit 15 Jahren existiert, seien die Heimarbeiter nach wie vor unsichtbar und ohne eine Stimme im sozialen Bereich und was ihre Rechte betrifft. Die meisten Menschen geraten in die Schattenwirtschaft nicht aus eigenen Willen, sondern weil sie überleben müssen.

Diejenigen, die Aufträge für bestimmte Mengen bekommen, haben zwar gewisse Einkünfte, haben aber keine Verträge und ihre Auftraggeber zahlen die Sozialabgaben nicht“, erklärt weiter die Vorsitzende der Vereinigung der Heimarbeiter. Daher besteht die Organisation darauf, dass auch Vertreter dieser Arbeitsgruppe zusammen mit den staatlichen Behörden die Arbeitskontrollen durchführen. Damit die Heimarbeiter ans Licht kommen, muss die untere Grenze für die Selbstversicherung gesenkt werden.

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Swetla Iliewa aus Plewen, die Buchhalterin von Beruf ist, hat ihren Job vor 15 Jahren verloren und ist seitdem ein Teil der stillen Armee der Heimarbeiter. Sie hat aber wegen des unsicheren und niedrigen Einkommens die Versicherungsbeiträge nicht bezahlt und hat nun nicht genügend Berufsjahre für die Rente.

Nachdem ich meine Stelle verloren habe, bin ich zu Hause geblieben und bin meinem Hobby nachgegangen“, erzählt sie. „Ich stricke, mache Puppen und stelle Stickereien her. Wir haben uns damals mit einigen Freundinnen zusammen getan und unsere Organisation gegründet. In Plewen gibt es kaum Industrie außer einigen Nähbetrieben. Deswegen stellen wir Souvenirs her, die wir in Sofia, in den Kurorten im Sommer und auf Messen verkaufen.“

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Der Absatz der Produktion ist ein weiteres Problem der Heimarbeiter. Sie können die Sachen selten selbst verkaufen, da die Mieten der Geschäfte sehr hoch sind. Momentan bekommen sie Unterstützung nur von den Bürgermeistern der Städte Sofia, Burgas, Weliko Tarnowo und Plewen. Dort bekommen sie die Räumlichkeiten von der Gemeinde gegen moderate Miete zu Verfügung gestellt. Die Heimarbeiter haben auch keinen Zugang zu Finanzierungen und Schulungen.

Wir wollen, dass die Heimarbeiter, die selbständig sind, an Programme für Unternehmertum und Management für Kleinbetriebe teilnehmen dürfen“, berichtet weiter Violeta Zlatewa. „Dafür müssen aber die Aufnahmebedingungen geändert werden – jetzt dürfen daran nur Unternehmer teilnehmen, die in den letzten drei Jahren mindestens 150.000 Euro Umsatz gehabt haben. Das ist für die Heimarbeiter undenkbar. Die wenigsten von ihnen haben auch Versicherungsbeiträge etc. bezahlt und können ihr Umsatz nicht prüfen. Daher brauchen wir dringend Programme, die speziell für diese Art von Arbeit geschaffen wurden. Unsere Heimarbeiter brauchen etwa 5.000 bis 6.000 Euro, um ihr Geschäft zu starten.“

Übersetzung: Milkana Dehler

Fotos: bereitgestellt von der Vereinigung der Heimarbeiter



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