Die neue Regierung will die Ausgaben aufstocken. Etwa für Mindestrenten, Mindestlohn und Lehrergehälter. Auch die Rüstungsausgaben steigen. Unterschiedlich sei dabei jedoch, dass die einen Ausgaben geplant und im Haushalt verankert seien, die anderen nicht, erklärte die Volkswirtin Desislawa Nikolowa vom Institut für Marktwirtschaft gegenüber Radio Bulgarien und weiter:
„Die Verteidigungsausgaben und die Anschaffung neuer Verteidigungstechnik sind beispielsweise geplant. Dabei handelt es sich um langfristige Kosten, die keine Überraschungen und Risiken bergen. Problematisch gestalten sich die nicht geplanten Kosten. Darunter fallen die Mindestrente und die Lehrergehälter, die einen enormen Ausgabenposten darstellen. Die Frage ist, wie diese Zusatzkosten finanziert werden. Derzeit stehen wir wirtschaftlich gut da, was für den Haushalt dienlich ist. Nach vielen Jahren Deflation kehrt Bulgarien nun endlich wieder auf den Weg der Inflation zurück. Das ist eine gute Nachricht für den Staatshaushalt, da das die Steuereinnahmen befördert. Die gute wirtschaftliche Lage tuschiert gewissermaßen die Risiken aus steigenden Kosten. Hier stellt sich allerdings die Frage nach den Langzeiteffekten dieser Entscheidungen, da es dabei nicht um einmalige Kosten geht, sondern um ein Engagement, das auch nach Jahresende weiter bestehen bleibt.“
Der Haushalt sei stets dem Risiko einer wirtschaftlichen Kehrtwende ausgesetzt und Stagnation gehe nun mal mit einem geringeren Steueraufkommen einher, meint Desislawa Nikolowa. Gleichzeitig könne man die Renten und Gehälter nicht mehr rückgängig machen, da das für den Entscheidungsträger einem politischem Selbstmord gleichkäme.
„Die Risiken für den Haushalt sind zwar nicht unmittelbar, haben jedoch mittel- und langfristig gesehen volle Gültigkeit“, meint Desislawa Nikolowa. „Dazu könnte die versprochene Anhebung der Mindestrente eine parallele Erhöhung aller Renten nach sich ziehen, um eine relative Gerechtigkeit in diesem System zu wahren. Eine Nichtaktualisierung der restlichen Renten wäre ein Nagel in den Sarg des Rentensystems. Denn das würde bedeuten, dass die Renten am Ende in etwa gleich sind, egal wie lange man in die Rentenkasse eingezahlt hat. Das würde die Leute jeglichen Anreizes berauben, weiter in vollem Umfang für das Alter vorzusorgen.“
Früher oder später werde sich die Regierung gezwungen sehen, die restlichen Renten zu aktualisieren, ist Desislawa Nikolowa überzeugt.
„Im Zuge der guten Wirtschaftslage in Europa verpassen wir eine ausgezeichnete Gelegenheit, unsere öffentlichen Finanzen zu ordnen und ein für allemal mit den Defiziten ein Ende zu machen. Im Vorjahr haben wir einen beträchtlichen Überschuss auf Kassenbasis erwirtschaftet, für das laufende Jahr ist erneut ein Defizit geplant. Jetzt sind die Zeiten gut. Wir haben einen ausgeglichenen Haushalt und einen Überschuss. Das sollte als Rücklage für jene Zeit genutzt werden, in der die Wirtschaft wieder stagniert, was unausweichlich der Fall sein wird. Wenn das eintritt, besteht die reelle Möglichkeit eines Krisenhaushalts und beträchtlicher Defizite.“
Nach Ansicht von Nikolowa müsse die Mindestlohnpolitik auf eine neue Basis gestellt werden. Der Lohn darf nicht administrativ angehoben werden. „Die Löhne der Beschäftigten kann man nicht mit einem Zauberstab anheben. Dafür braucht es mehr Produktivität und Investitionen. Wenn die Regierung dabei behilflich sein will, sollte sie für ein besseres Geschäftsumfeld sorgen und darauf hoffen, dass sich langfristig hochwertige Investoren in Bulgarien niederlassen“, meint Desislawa Nikolowa abschließend.
Übersetzung: Christine Christov
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