Der sogenannte Todorstag (Tag des Theodor) gehört zu den buntesten Volksfeiertagen Bulgariens. Er wird am ersten Samstag der großen Fastenzeit vor Ostern begangen, oder anderes ausgedrückt: er beendet die erste Fastenwoche der 7 Wochen dauernden Fastenzeit. Diese Woche beginnt nach dem Käsefastensonntag und wird als Todorswoche, Hungerwoche oder sogar „schwarze“ Woche bezeichnet. Es ist nämlich strengstes Fasten angesagt, was übrigens auch für die letzte Woche vor Ostern gilt.
Laut den Vorstellungen unserer Vorfahren waren in dieser Zeit die Gesundheit der Menschen, die Nachkommenschaft der Haustiere und die künftige Ernte besonders gefährdet. Vor allem nachts würden Dämonen und verschiedene andere böse Geister sowie schreckliche Gestalten herumschleichen. In einigen Gegenden nennt man diese Schrecken erregenden Figuren „Hl. Todor hoch zu weißem Ross und Großmutter Todoritza“. Diese Bezeichnungen sind ein weiteres Beispiel dafür, wie in den Jahrhunderten heidnisches Brauchtum und christliches Gedankengut verschmolzen sind. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Bulgaren bereits im Frühmittelalter den heiligen Theodor hoch schätzten, wobei man schon damals die zwei Heiligen Theodor Tiro (Tyron) und Theodor Stratelates kaum auseinander hielt und häufig zu einer Person zusammenfasste.
In der Todorswoche galten viele Verbote, die vor allem die Frauen betrafen – sie durften sich abends nicht verspäten, die Mädchen konnten sich nicht zu Spinnstubenabenden versammeln, sie durften nicht mit einem Bleuel Wäsche waschen, man durfte ferner weder pflügen, noch säen, um Menschen und Ernte vor Blitzschlägen und Hagel zu bewahren. In einem der Volkslieder heißt es sogar, dass der heilige Todor jene bestrafen werde, die keine Enthaltsamkeit üben:
„In dieser Woche, der Todorswoche, wird nicht gegessen und getrunken, nicht gesponnen und gewoben...
Wenn sich Mädchen und Burschen zum Spinnstubenabend einfinden,
wird der heilige Todor sein Pferd über Dächer und Dachböden führen...
Dachziegel werden fallen – den Mädchen in den Schoß, den Burschen auf den Kopf...“
Ein weiteres Verbot der Todorswoche war das Trocknen von Bekleidung. Man glaubte, auf dieses Weise einigen Krankheiten vorzubeugen, wie Taubheit und das Absterben (Verdorren) von Gliedern u.ä. Andere Verbote und spezielle rituelle Handlungen sollten Geisteskrankheiten, Schwindel- und Rauschgefühle bei Mensch und Tier verhindern.
Am Todorstag selbst wurden in aller Frühe, noch vor Sonnenaufgang, von den Mädchen und Bräuten Ritualbrote in Form von Pferden oder Hufeisen zubereitet. Vor dem Backen bestreute man sie mit Salzkristallen und steckte Knoblauchzehen und Walnusskerne in den weichen Teig. Diese Ritualbrote wurden dann an Nachbarn und Verwandte verteilt. Die Frauen mussten bei der Vergabe Pferde nachahmen. So glaubte man, dass im Jahr über mehr Fohlen und Kinder zur Welt kommen.
Der Todorstag ist eines der Feste, die mit dem Übergang von der kalten zur warmen Jahreszeit in Verbindung gebracht werden. Laut einer Volkslegende würde der heilige Todor an seinem Ehrentag ein glimmendes Stück Holz in die Erde rammen und ihr auf diese Weise einheizen. Daraufhin würde er seine sieben Pelzmäntel ablegen und zu Gott gehen, um von Ihm den Sommer zu erbitten.
Der Heilige gilt als Beschützer der Pferde. Er selbst reite einen „Schimmel mit goldenen Hufeisen, die mit silbernen Hufnägeln befestigt sind“. Ein ähnliches Versprechen geben die Männer ihren Pferden, die sich am traditionellen Rennen zum Todorstag beteiligen. Falls ihr Pferd gewinnen sollte, wolle man seine Hufe versilbern und sein Zaumzeug vergolden.
Der Todorstag ist im bulgarischen Volkskalender einer der geachtetsten Festtage. Nach den traditionellen Pferderennen, die in unmittelbarer Nähe der Städte und Dörfer organisiert werden, ist es Brauch, dass die Sieger Gäste zu sich nach Hause einladen. Zu Ehren des „Pferdeheiligen“ werden vielerorts verschiedene Opferrituale vollführt. Da an diesem Tag die Pferde quasi im Mittelpunkt stehen, wird der Todorstag gern als „Pferde-Ostern“ bezeichnet. Fast alle Bräuche am Todorstag sind auch in den anderen Balkanländern bekannt. Deshalb führt man sie auf die vorchristliche Zeit zurück. Es ist nicht auszuschließen, dass die meisten Bräuche noch aus der Zeit der alten Thraker stammen. Die Thraker galten nämlich als die besten Pferdezüchter der Antike.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: BGNES
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