Über 90 Prozent der österreichischen Unternehmen, die in Bulgarien investiert haben, wollen ihre Tätigkeit hier fortsetzen oder sogar ausbauen, informierte auf einem bulgarisch-österreichischen Geschäftsforum in Sofia der Präsident der Bulgarischen Wirtschafts- und Handelskammer Zwetan Simeonow. Sondergast der Veranstaltung war der Bundespräsident der Republik Österreich Alexander Van der Bellen, der sich auf Einladung seines bulgarischen Amtskollegen Rumen Radew zu einem offiziellen zweitägigen Besuch in Bulgarien aufhält.
In seinen Ausführungen betonte Van der Bellen, dass die diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich und Bulgarien auf langjährige Traditionen zurückblicken, derzeit jedoch besonders intensiv seien, da Österreich im Juli die EU-Ratspräsidentschaft von Bulgarien übernehmen wird. Präsident Radew fügte seinerseits hinzu, dass Österreich zu den führenden Investoren in Bulgarien zähle. Der Warenaustausch zwischen beiden Ländern sei im vergangenen Jahr zu einem Wert von 1,2 Milliarden Euro gewesen. Radew wies jedoch darauf hin:
„Wir messen die Ergebnisse der Anwesenheit österreichischer Geschäftsleute in Bulgarien nicht mit trockenen Zahlen, die einen finanziellen Sachverhalt beschreiben. Ihre Anwesenheit hat einen größeren Effekt, weil die österreichischen Unternehmen langfristig in Bulgarien präsent sind. Es werden reale Arbeitsplätze geschaffen, das Personal aus- und weitergebildet und das Geschäftsumfeld in Bulgarien erneuert. Seinerseits verwandelt sich Bulgarien in eines der führenden Länder Europas innerhalb der IT-Branche. Wir können nicht vom künftigen Europa sprechen, ohne eine entsprechende Verkehrs-, Energie- und digitale Verbundenheit zu besitzen. Aus diesem Grund unternimmt Bulgarien immense Bemühungen in dieser Richtung.“
Rumen Radew vermerkte ferner, dass die strategische Lage Bulgariens, der Zugang zu verschiedenen Märkten, wie auch die fiskale und wirtschaftliche Stabilität ausgesprochen wichtig und ein sichtbarer Faktor seien, den die österreichischen Geschäftsleute wahrnehmen müssen.
Trotz ihrer Stabilität weise das Wirtschaftsumfeld gewisse Unzulänglichkeiten auf, machte die Bulgarische Wirtschafts- und Handelskammer aufmerksam. Ihr Präsident Zwetan Simeonow äußerte:
„Eines der Probleme ist die Stagnation des Bahntransports, ein weiteres der Grenzverkehr. Es ist unzulässig, dass sich nach immensen Investitionen in die Straßeninfrastruktur und der Tatsache, dass man bald Bulgarien von einem Ende zum anderen in 3 bis 4 Stunden passieren kann, die Wartezeiten an den Grenzübergangspunkten in die Länge ziehen. Das ist auf das mangelhaft funktionierende Kontrollsystem an den Grenzen und das Fehlen zureichender Grenzübergangsstellen (die Grenze zu Griechenland ausgenommen) zurückzuführen. Aus diesem Grund denke ich, dass sich das Verkehrs- und das Finanzministerium sowie das Zollamt mehr bemühen müssen, um dieses Problem zu lösen. Was die Bürokratie in Bulgarien anbelangt, kann jeder davon ein Lied singen. Ich bin mit den Unternehmen einer Meinung, dass unsere staatliche Verwaltung nicht schnell genug und qualitativ zureichend arbeitet. Es wurden große Mittel in das E-Government gesteckt und wir sind davon überzeugt, dass wir bei der Korruptionsbekämpfung einen großen Schritt nach vorn tun werden, sobald die E-Regierung real zu funktionieren beginnt. Kritikwürdig ist ferner das bulgarische Justizsystem.“
Zwetan Simeonow gab zu, viele Geschäftsleute würden nicht wissen, dass sie auf Schiedsverfahren als Alternative zur staatlichen Rechtsprechung zurückgreifen können. Um diese Möglichkeit nutzen zu können, die ihnen viele Probleme ersparen kann, müssen sie in ihre Verträge lediglich einen Satz einfügen, dass Streitfälle mit einem Schiedsverfahren und nicht vom staatlichen Gericht gelöst werden.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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