Die grünen Almen in der Umgebung des Bahnhofs Awramowo, der der höchstgelegene auf der Balkanhalbinsel ist (1267,4 m), werden an diesem Sonntag Kulissen eines Volksfests sein. Organisiert wird es von der Bürgervereinigung „Für die Schmalspurbahn“.
An dieser Stelle soll daran erinnert werden, dass vor 5 Jahren ein 18jähriger Teenager eine Bewegung zur Rettung der Schmalspur-Bahnstrecke zwischen Septemwri und Dobrinischte ins Rollen brachte. Man machte sich daran, nicht nur die Bahn zu popularisieren, sondern auch ihr touristisches Potential zu nutzen. Wir trafen uns erneut mit Christian Waklinow, der uns einiges über die von ihm gegründete Bürgervereinigung „Für die Schmalspurbahn“ und die Bahn selbst erzählt:
„Die Hauptidee besteht darin, die Schmalspurbahn zu bewahren, die zu den Reichtümern gehört, die wir besitzen. Ich bin davon überzeugt, dass die Popularisierung ihrer Geschichte immer mehr Menschen auf unsere Seite zieht. Ich persönlich fahre mit dieser Bahn seit 9 Jahren als Tourist und habe in der Zwischenzeit viele neue Dinge erfahren. Der Bau der Bahn begann 1921, doch das Projekt, die Region von Welingrad an den Bahnknotenpunkt Septemwri anzubinden, stammt bereits aus dem Jahr 1916. Die Arbeit ging in mehreren Etappen vor sich und wurde am 9. Dezember 1945 abgeschlossen, als auch der letzte Abschnitt zwischen Bansko und Dobrinischte eröffnet wurde. Die Idee war, die Bahn bis an die Ägäis-Küste zu verlängern, doch das konnte nicht verwirklicht werden. In den 5 Stunden, in denen die Fahrt dauert, kann man entlang der 125 Kilometer langen Strecke unwahrscheinliche Natur- und historische Sehenswürdigkeiten entdecken. Aus technischer Sicht ist die Strecke sehr interessant mit den vielen Serpentinen zur Überwindung des Höhenunterschieds – vom Abfahrtbahnhof bis zum Bahnhof Awramowo sind es mehr als 1.000 Meter. Das ist meines Wissens weltweit einzigartig. Awramowo selbst liegt 1.267 Meter über dem Meeresspiegel. Das Interessante an der Strecke ist auch, dass sie drei bulgarische Landesteile miteinander verbindet: Thrakien, die Rhodopen und Pirin-Mazedonien. Unterwegs kann man die verschiedensten Schicksale erfahren und sich mit den unterschiedlichsten Traditionen vertraut machen. Ich bin glücklich, dass zunehmend mehr Menschen diesen Reichtum zu schätzen wissen.“
Awramowo ist ein kleines Gebirgsdorf an einem der Gebirgshänge; am Hang gegenüber liegt das Dorf Paschowi; dazwischen ist die Station. Von dort hat man einen herrlichen Blick auf die umliegenden Berggipfel. Dieser Ort ist für ein Folkloretreffen mehr als geeignet – es ist viel Platz für Interpreten, wie auch fürs Publikum. Falls es den Organisatoren gelingen sollte, es in eine Tradition zu verwandeln, werden sicher auch zahlreiche Händler kommen, die sich Treffen dieser Art nicht entgehen lassen, um örtliche Spezialitäten und traditionelle Handwerksarbeiten anzubieten. Bislang wurden schon einige Feste entlang der Schmalspurbahn durchgeführt, die die Menschen dazu anregen sollen, die Bahn zu nutzen und die Sehenswürdigkeiten in der Region zu besichtigen. Das Volksfest an diesem Sonntag wird seinen Beitrag dazu leisten.
„Wir erwarten sehr viele Gäste; die Interpreten ihrerseits, die sich vorstellen werden, stammen aus dem ganzen Land“, erzählt voller Enthusiasmus Christian Waklinow. „Bei der Organisation helfen uns die Gemeinden Welingrad und Jakoruda sowie natürlich die Bulgarische Staatseisenbahn. Zum Volksfest werden viele Folklorekünstler kommen, die aus den Orten stammen, die auf der Bahnstrecke liegen, aber auch aus den Kulturhäusern und Tanzklubs der Städte Blagoewgrad, Plowdiw, Krumowgrad, Assenowgrad, Peschtera, Passardschik, Raslog und Smoljan. Das Folkloretreffen wird sehr bunt sein, in dessen Zentrum die Schmalspurbahn stehen wird.“
Christian teilte uns weiter mit, dass er sich sehr glücklich fühlt, dass er seinen Beitrag zur Rettung der Schmalspurbahn leisten kann. Seinem Beispiel folgend, haben etliche andere Bürger ihrerseits verschiedenen Unzulänglichkeiten den Kampf angesagt, die für die Öffentlichkeit von Bedeutung sind.
„Viele Jugendliche in Bulgarien knüpfen an die Zukunft in Bulgarien keine großen Hoffnungen und sind entmutigt. Das gilt auch für die Generation unserer Eltern. Als mir bewusst wurde, dass ich mit meinen Aktivitäten die Leute beeinflussen und ihnen Mut machen kann, die Welt um ihnen herum zu verändern, begann ich mit noch größerem Eifer in dieser Richtung zu arbeiten. Die Tatsache, dass so viele Interpreten ihre Teilnahme zugesagt haben, zeigt, dass unsere Sache vielen Menschen wichtig ist.“
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: Privatarchiv
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