Die Bulgaren zeichnen sich durch ihr feines Gefühl für Ästhetik aus. Selbst wenn sie oft ein recht bescheidenes Leben führen, benutzen sie in ihrem Alltag viele kunstvoll gefertigte Gegenstände, die ihnen entweder ihre Vorfahren vermacht haben, sie selbst angefertigt haben oder aber von Meisterhand geschaffen wurden. Die Frauen wiederum bringen mit handgewebten Decken, Läufern und Teppichen Wärme, Eleganz und Kolorit ins Haus.
Mit der Idee, die Handwerke zu erhalten und an die künftigen Generationen weiterzugeben, wurde 1967 per Regierungsbeschluss eine Nationale Handwerkergenossenschaft ins Leben gerufen. Ein Jahr später haben sich die Handwerker in der Donaustadt Russe ebenfalls zusammengetan, damit sie ihre Kunst auf allen nationalen und internationalen von der Handwerkergenossenschaft organisierten Foren präsentieren können. In der nahen Vergangenheit haben die Meister aus Russe eine Vereinigung gegründet, die sich die Erhaltung und Pflege der spezifischen Kultur unseres Volkes auf die Fahne geschrieben hat. Sie erkunden die örtlichen Traditionen und Kunsthandwerke der Donauregion und führen sie weiter. So wurde 2013 die Donau- Handwerkervereinigung geschaffen. Ihr gehören Meister von Musikinstrumenten, Strickkünstler, Ikonenmaler, Kunstkeramiker, Holzschnitzer, Klöppelmeisterinnen Kaloferscher Klöppelspitze und andere an.
„Die Handwerkervereinigung verfügt über ein eigenes Zentrum, das aus einzelnen Ateliers besteht. Wir sind redlich darum bemüht, es zu restaurieren und für die Zwecke des Kulturtourismus zu erschließen. Das Objekt wurde in eine der vom Tourismusministerium ausgearbeiteten touristischen Reiserouten aufgenommen und die Ergebnisse können sich wirklich sehen lassen“, freut sich einer der Gründer, der Holzschnitzer Angel Mitrofanow.
2016 hat die Gemeinde in Russe 55.000 Lewa (umgerechnet ca. 27.000 Euro) zur Verfügung gestellt, so dass die Handwerkerstuben nach fünfzehnjährigem Warten endlich saniert werden konnten. Das Zentrum „Siones“ hat ein altes Haus im Hof des Zentrums auf eigene Kosten restauriert, dessen geschnitzte Decken vor zwei Jahrhundert von Holzschnitzmeistern aus Trjawna gefertigt wurden. Heute sind dort mehrere Ateliers der Donau-Handwerkervereinigung untergebracht. Angel Mitrofanow sieht die Zukunft der Handwerke in einem Freilichtmuseum nach dem Vorbild von Etara bei Gabrowo, wo die Meister den Touristen aus dem In- und Ausland ihre Kunst vorführen können. In einer „Handwerksstube unter freiem Himmel“ können sie so mehr über die Feinheiten der einzelnen Gewerbe erfahren, beispielsweise über das Gerberhandwerk, die Kupfer- und Eisenschmiedekunst, mit denen Russe bekannt ist. Damit das aber passieren kann, sind sowohl Mittel als auch Nachfolger nötig:
„Die Jugendlichen bekunden zwar Interesse, doch sobald sie erkennen, dass es keinen Absatz für die Kunstwaren und keine Einnahmen daraus gibt, geben sie auf, weil sie keine Motivation sehen“, sagt Angel Mitrofanow. „Sobald ein Meister stirbt, stirbt aber auch das Handwerk mit ihm aus, weil es vor und nach uns einfach niemanden mehr gibt.“
Der Mangel an Nachfolgern, denen sie ihr Wissen und Können vermitteln können, entmutigt die Handwerker von der Donau-Handwerkervereinigung allerdings nicht. Sie machen weiter, tragen den Ruhm Bulgariens in die Welt und gewinnen Auszeichnungen von renommierten Festivals im Bereich der angewandten Kunst. Im Juli und August 2018 haben sie sich am 31. Festival der traditionellen Stickerei in der türkischen Stadt Şile beteiligt sowie am 19. Kulturfestival im türkischen Büyükçekmece.
Am zweiten Artforum haben sich über 1.350 Künstler aus 64 Ländern beteiligt, darunter auch 160 Handwerkskünstler. Der Bulgare Wesselin Festschiew zog die Aufmerksamkeit der Besucher mit seinem Webstuhl und den darauf gewebten stilvollen Teppichläufern an und Borjana Motschewa und Krassimir Siwow beeindruckten das Publikum mit ihren wundervollen Ledergravuren.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
Fotos: dunavskazadruga.weebly.com
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