„Das Lied ist das schönste musikalische Werk, das in der Lage ist, in nur wenigen Minuten eine ganz Geschichte zu erzählen und Tiefen und Weiten zu eröffnen, in denen man aufgehen kann.“ Das sagte die bulgarische Jazz-Sängerin Miroslava Katsarova wenige Tage vor ihrem Konzert am 25. Januar im Kulturhaus „Boris Christow“ in Plowdiw. Ihr Projekt hat sie IMAGINE genannt und ist in Zusammenarbeit mit dem Orchester des Plowdiwer Opernhauses und der Jazz-Combo unter der Leitung von Miroslav Turiyski entstanden.
„Das Konzert „Imagine“ ist Teil des offiziellen Programms der Oper Plowdiw und der Eröffnungsveranstaltungen im ersten Monat von „Plowdiw – Europäische Kulturhauptstadt 2019“, erzählte uns Miroslava. „Es ist ein Versuch, den Jazz mit dem Klangbild der Klassik zu paaren. Das ist nicht einfach, denn leicht kann es in Geschmacklosigkeit ausarten. Gott sei Dank ist unser Projekt im Ergebnis einer sehr guten Zusammenarbeit mit den wunderbaren Kollegen des Orchesters des Plowdiwer Opernhauses unter der Leitung von Konstantin Dobrojkow und der Jazz-Combo entstanden. Ihr gehören Mladen Dimitrov (Schlagzeug), Alexander Lekov (Kontrabass), Nikolay Karageorgiev (Gitarre) und Emil Pehlivanov (Perkussionsinstrumente) an. Meine Kollegen und ich beschlossen, den Jazz voll und ganz in die musikalische Ausdrucksweise der Klassik einzubinden. Beide Formationen dringen gegenseitig in eine dichte, integrale Musikmaterie ein. Ich arbeite schon seit langem mit Miroslav zusammen. Jedes Jahr gestalten wir ein thematisches Konzertprogramm, bei dem wir uns ein bestimmtes Thema wählen, wie die Jazz-Klassiker, die Musik Brasiliens, die sogenannten neuen Jazz-Standards, die französische Musik und der Chanson u.a. Aus diesem enorm umfangreichen Lied-Arsenal haben wir ausgewählt und bearbeitet. Ich denke, dass etwas sehr Interessantes daraus geworden ist. Vor einiger Zeit las ich die Worte von John Zorn, einem amerikanischen Komponisten, Saxophonisten und Jazz-Arrangeur, dass die Wurzeln der Musikgenres und Traditionen in der Tiefe verstrickt und miteinander verbunden sind. Gerade diese Beziehung zwischen den Liedern verschiedener geographischer Breiten und sozial-kultureller Kreise ergaben sich in unserem Projekt wie von selbst. Die Lieder fließen ineinander über. Die Verbindungen entstehen auf eine ganz natürliche Weise und das verleiht dem Programm zusätzlich eine poetische Note.“
Das Projekt trägt den Namen des bekannten Liedes von John Lennon, das zusammen mit anderen Liedern aus dem Repertoire von Édith Piaf, Jacques Brel, Sting, João Gilberto, Billie Holiday, Antônio Carlos Jobim u.a. erklingen wird. Miroslava singt auf 5 Sprachen, während das Arrangement, die Orchestrierung und die Musik zwischen den Liedern Miroslav Turiyski besorgte.
„Er sorgt für den nötigen Schwung und den intellektuellen Touch“, meint die Jazz-Sängerin weiter. „In seinen Orchestrierungen ist ein guter Stil der Begleitung zu spüren und der Sänger wird in den Vordergrund geschoben, wobei die Liedkunst eine neue Interpretation erfährt. Wenn ein Künstler die Bühne betritt, muss er sein Ego vergessen und die Musik über alles setzen. Das lernt man mit den Jahren. Das ist das Wichtigste, das ich gelernt habe und das mir in meiner Arbeit nicht nur mit Miroslav gefällt, sondern auch mit anderen Künstlern, wie Hristo Yotsov, Vesselin Vesselinov-Eko und Rumen Toskov – alles Menschen, die mich inspiriert haben, von denen ich etwas „stibitzt“ habe, die mich manchmal aber auch von sich aus in die Geheimnisse dieser Musik eingeweiht haben.
Ich bin stolz darauf, dass ich Teil dieses grandiosen Ereignisses – „Plowdiiw – Europäische Kulturhauptstadt“ sein darf. Es ist nicht einzig nur dieses Konzert, sondern vor allem auch das Plowdiw Jazz Fest, das ich bereits seit 5 Jahren organisiere. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir, die wir hingebungsvoll arbeiten, das Antlitz dieser Stadt verändert haben. Ich freue mich, dass es in Plowdiw zunehmend mehr Konzerte, Theateraufführungen und Ballettinszenierungen gibt. All das beginnt auf sehr anziehende Weise zu pulsieren. Plowdiw hat schon immer die Kultur angezogen. Jetzt wird auf die Europäische Kulturhauptstadt die Betonung gesetzt. Ich habe aber schon immer die „Patina“ meiner Stadt wahrgenommen und bin davon überzeugt, dass Plowdiw auch nach 2019 die Andersdenker, die freiheitsliebenden Künstler, die Menschen des Geistes anlocken wird.“
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: Privatarchiv
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