In der Heimat der bedeutendsten Maler und Bildhauer – Italien, ist die Statue Leonardo da Vincis, die die Reisenden auf dem römischen Flughafen Fiumicino begrüßt und verabschiedet, ein Werk des bulgarischen Bildhauers Assen Peikov. Im Unterschied zu den Bulgaren, die ihn kaum kennen, wird er von den Italienern geschätzt, die den kleinen Platz vor seinem Haus in Rom, ganz in der Nähe zum Kolosseum, nach ihm benannt haben. Solche „bulgarischen Orte“ außerhalb Bulgariens gibt es auch anderswo, beispielsweise in Spanien, Rumänien, Albanien, dem Heiligen Berg Athos, Nordmazedonien, Norwegen, der Ukraine u.a. Über sie erzählt uns Daniel Pangew, der all diese Orte bulgarischer Erinnerungen in seinem Buch „Eingefangene Augenblicke aus nah und fern“ beschreibt.
Obwohl die Biographien der bulgarischen Schriftsteller Pentscho Slawejkow und Dimitar Dimow an den bulgarischen Schulen gelehrt werden, erfahren wir von Daniel Pangew, dass Slawejkow in Italien, in einem kleinen Ort oberhalb des Comer Sees gestorben ist, während Dimow ein Jahr lang im Zentrum Madrids, keine 5 Minuten vom Prado entfernt, gelebt hat. An diesem Haus wurde eine Gedenktafel angebracht, denn in seinem Buch „Verdammte Seelen“ beschreibt er die tragischen Ereignisse des vom Bürgerkrieg heimgesuchten Spanien.
Heute kann jeder frei durch Europa reisen und es fällt nicht schwer, diese bulgarischen „Mosaiksteinchen“ zu finden, wie es Daniel Pangew gemacht hat. Nach seinen Worten könne man sie an den unwahrscheinlichsten Stellen entdecken – Tausende Kilometer von Bulgarien entfernt.
„Ich will mit einem Land beginnen, das weit im Norden liegt und von dem ich nicht erwartet hatte, in ihm etwas Bulgarisches zu finden“, erzählt Daniel Pangew und präzisiert: „Es geht um Norwegen, wo an der Wand des Rathauses in Oslo eine Gedenktafel angebracht ist, die von Bulgarien in Dankbarkeit an Fridtjof Nansen gestiftet worden ist. Im Zentrum Sofias gibt es auch einen Boulevard, der seinen Namen trägt. Als Hochkommissar des Völkerbundes für Flüchtlingsfragen führte er den sogenannten „Nansen-Pass“ ein; das war ein spezieller Reisepass für Flüchtlinge und Emigranten. Tausende Bulgaren und nicht nur bulgarische Flüchtlinge aus Mazedonien und Thrakien konnten damit in der Zeit vor und während des Ersten Weltkrieges die Grenze passieren und Rettung finden.“
In der Schweiz wiederum halten die Nachkommen von Louis-Emil Eyer die Erinnerung an Bulgarien wach. Bereits zu Lebzeiten nannte man ihn den „Schweizer mit bulgarischem Herzen“. Seite an Seite mit den Bulgaren kämpfte er im Balkan-Krieg 1912 und später auch im Ersten Weltkrieg. In seinem Buch „Pro Bulgaria“, das 1913 in Französisch erschien, setzt er sich für die bulgarischen nationalen Interessen ein.
Laut Daniel Pangew befinden sich viele der geistigen Orte, die mit Bulgarien in Verbindung stehen, in den Nachbarländern:
„In Mittelalbanien liegt am Fuße des Tomorr-Berges eine der ältesten und schönsten Städte – Berat. Diese Stadt besitzt eine herrliche Architektur und Straßen mit altertümlichem Kopfsteinpflaster“, schwärmt Daniel Pangew. „Vom 9. bis 11. Jahrhundert gehörte Berat (Abkürzung von „Beli Grad“ – die „weiße Stadt“) zum Ersten Bulgarenreich und war auch Bischofssitz. Dort unterrichtete der heilige Kliment, der einer der Schüler der heiligen Kyrill und Method gewesen ist.“ In der Stadt werden bis heute die Reliquien zweier weiterer Schüler der Slawenapostel aufbewahrt – vom heiligen Gorasd und vom heiligen Angelarij.
„In Nordmazedonien traf ich Pande Eftimov, der leider unlängst verstorben ist“, setzt Daniel Pangew fort. „Er war ein Enzyklopädist und kannte jeden bulgarischen Winkel. Er hat mir viele interessante Geschichten über die Bulgaren dort erzählt. Sein Vermächtnis lautete: Die jungen Generationen von Bulgaren müssen nach ihren Wurzeln suchen und toleranter gegenüber den Menschen in Nordmazedonien sein. Man hat sie Jahrzehnte der Propaganda und einer Assimilierung ausgesetzt und man darf nicht böse sein, wenn sich heute einige von ihnen als Mazedonier bezeichnen.“
Eine weitere bemerkenswerte Persönlichkeit, auf die uns Daniel Pangew hinwies, ist die „lebendige Geschichte“ in Rumänien. Die Rede ist von Prof. Luca Belciov – ein Bulgare aus dem Banat:
„Er zeigte mir die Gastwirtschaften, in denen sich die bulgarischen Freiheitskämpfer aufhielten, wie auch die Mühle, in der die Revolutionäre Botew und Lewski den Winter des Jahres 1868 verbrachten. Ferner führte er mich in das Hotel, in dem der bulgarische Nationalschriftsteller Iwan Wasow bei seinen Besuchen in Rumänien abgestiegen ist. Auch besuchten wir das einstige Fotoatelier, das die bekanntesten Aufnahmen von Wassil Lewski gemacht hat.“
Leider befinden sich die meisten der von Daniel Pangew beschriebenen Orte in einem verwahrlosten Zustand – „brennende Wunden unserer Geschichte und Kultur“, wie er sich ausdrückte. Aus diesem Grund versteht er es als seine Mission, alles zu dokumentieren, damit etwas für die nachfolgenden Generationen erhalten bleibt.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: Privatarchiv
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