Die bulgarische Nationalflagge besteht aus drei horizontalen Streifen in den Farben weiß, grün und rot. Das hält Artikel 15 des Gesetzes über die Staatsflagge Bulgariens fest. Diese Farben werden mit Stiljana Paraskewowa und der Brăila-Fahne in Verbindung gebracht.
„Die Geschichte der bulgarischen Flagge reicht bis in das Jahr 1862 zurück, als die Trikolore Teil der Uniform der Ersten Bulgarischen Legion von Georgi Rakowski war. Die erste Fahne mit der heutigen Anordnung der Farben wurde vom bulgarischen Kaufmann und Patrioten Iwan Paraskewow in der rumänischen Stadt Brăila entworfen“, erzählt Lilia Kriworowa vom Nationalen Militärgeschichtlichen Museum. „Er betraute seine vierzehnjährige Tochter Stiljana damit, die Fahne zu nähen und zu besticken. Sie arbeitete im Laufe von sechs Monaten daran. Das Unterfangen wurde solange geheim gehalten, bis die Fahne im April 1877 endgültig fertig war.“
Darauf ist ein goldbestickter aufrecht stehender Löwe mit einer Krone auf dem Kopf zu sehen. Bei der Erörterung der Verfassung des inzwischen von der türkischen Fremdherrschaft befreiten Fürstentums Bulgariens ist dieser Löwe weggefallen.
„Es stellte sich heraus, dass im Verfassungsentwurf kein Text über die Staatsflagge enthalten ist. Nach drei kurzen Erörterungen haben die Abgeordneten am 26. März 1879 Artikel 23 verabschiedet, der die Farben der bulgarischen Nationalflagge legitimiert, wobei sie das Abbild des Löwen nicht mit einbezogen haben. Oberst Iwan Stojtschew, der sich mit der Erforschung der Brăila-Fahne befasst, ist der Überzeugung, dass dies in der Eile passiert ist“, sagt Lilia Kriworowa weiter. „1881 wurde die Brăila-Fahne dem Fürstenpalast übergeben. Erst 1930, zwei Jahre vor ihrem Tod, erfuhr Stiljana Paraskewowa, dass die von ihr genähte Fahne sich dort befindet. Sie bat um Erlaubnis, sie sehen zu dürfen. Als sie dann vor ihr stand, brach sie in Tränen aus, umarmte und küsste die Fahne. Nach 1937 wurde der in die untere Ecke der Fahne gestickte Name von Stiljana ausgeschnitten, aber es ist nicht bekannt, wann und wer das getan hat.“
Derzeit wird die Brăila-Fahne zusammen mit anderen Kampffahnen in einem speziellen Raum im Militärgeschichtlichen Museum aufbewahrt.
„Das geschieht unter besonderen Temperaturbedingungen. In den Raum darf kein direktes Tageslicht gelangen. Die Fahne ist zwei Mal restauriert und konserviert worden – in den Jahren 1965 und 1984. Sie wurde am 3. März 2014 in einer Ausstellung gezeigt, die den Symbolen der bulgarischen Staatlichkeit gewidmet war sowie am 3. März 2017 anlässlich des 140. Jubiläums seit dem Beginn der Russisch-türkischen Krieges. Es gibt eine Kopie der Fahne, die jedoch nicht in einer ständigen Exposition zur Schau gestellt wird“, erläutert Lilia Kriworowa.
Die bulgarische Staatsflagge blieb bis Ende des 2. Weltkriegs unverändert. Als 1947 die Verfassung der Volksrepublik Bulgarien verabschiedet wurde, wurde das Staatswappen mit dem Löwen erneut eingeführt, aber ohne die Krone. 1991 hat die Verfassungsgebende Volksversammlung das Wappen auf der Nationalflagge aufgehoben und seitdem ist sie unverändert.
„Viele Leute glauben, die bulgarische Flagge hätte ein Staatswappen, doch das stimmt nicht. Das Wappen ist ein separates Staatssymbol. Auch wissen die meisten nicht, dass die Flagge laut Gesetz nicht hergestellt, sondern vervielfältigt wird und das unter Einhaltung strikter Regeln und Standards“, unterstreicht Atanaska Weltschewa, deren Firma als erste ein Zertifikat erhalten hat, das ihr die Vervielfältigung der bulgarischen Flagge erlaubt. „Die Farben der Flagge sind streng nach der Pantone-Farbskala festgelegt. Sie ist rechteckig und ihre Höhe und Breite entsprechen dem Seitenverhältnis von 3:5.“
Es gibt spezielle Anforderungen, was für ein Garn bei der Anfertigung der Staatsflagge exakt benutzt werden darf und wie breit der Saum zu sein hat. Die Firma bietet Flaggen in 9 Größen an, wobei die Nachfrage in Bulgarien stetig steigt.
„Ich sehe, dass der Patriotismus der Bulgaren erwacht ist und unsere Landsleute sich wieder den Traditionen und nationalen Werten zuwenden“, sagt Atanaska Weltschewa voller Stolz und erklärt, dass die größte gehisste Flagge (14 x 23 m) sich in Warna befindet.
Was ist das für ein Gefühl, für die Vervielfältigung dieses für die bulgarische Staatlichkeit bedeutendste Symbol zuständig zu sein, wollten wir abschließend von ihr wissen.
„Es geht hierbei nicht um das einfache Zusammenfügen von Stoffstreifen“, sagt Atanaska Weltschewa. „Ich bin sehr stolz auf meine Arbeit, denn sie bringt mich mit bemerkenswerten Patrioten zusammen. Wenn ich solchen Leuten begegne, bin ich zuversichtlich, dass Bulgarien noch über Jahrhunderte fortbestehen wird.“
Übersetzung: Rossiza Radulowa
Fotos: BGNES und Archiv
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