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Europa erlebt eine Sinnkrise

Vier bulgarische EU-Abgeordnete diskutierten auf einem Forum im Bulgarischen Nationalen Rundfunk über aktuelle europäische Themen

Foto: binar.bg

Obwohl bis zur Wahl eines neuen Europäischen Parlaments eineinhalb Monate verbleiben, befasst sich das jetzige kurz vor Ende seines Mandats mit der Änderung von Direktiven, die sich negativ auf die Grundpfeiler der EU wie die freie Bewegung von Menschen, Waren und Dienstleistungen, die Wettbewerbsfähigkeit und den freien gemeinsamen Markt auswirken werden.

Nicht zuletzt gehe es auch um das Mobilitätspaket und den zweiten Versuch, ihn auf der letzten Plenarsitzung des Europäischen Parlaments vom 1.- 4. April zu diskutieren und zu verabschieden. In diesem Zusammenhang erklärte der EU-Abgeordnete von der Partei der Europäischen Konservativen und Reformer, Angel Dschambaski, dass es schwer sei, eine Prognose über den Ausgang der Abstimmung abzugeben, die für den 4. April anberaumt ist. Dschambaski warf seinen Gegnern vor, nicht nach den Regeln zu arbeiten, ohne jedoch ins Konkrete zu gehen. Ein Vorwurf klang auch bezüglich der drei bulgarischen EU-Abgeordneten durch, die bei der letzten Abstimmung zum Mobilitätspaket nicht anwesend waren. Man habe eine „goldene Chance“ verpasst, kommentierte Angel Dschambaski.

Auch der EU-Abgeordnete von der Europäischen Volkspartei Andrei Kowatschew ist der Ansicht, dass das Mobilitätspaket vom nächsten Europäischen Parlament in einer konstruktiven und ruhigen Atmosphäre verabschiedet werden sollte, um eine bessere Balance zwischen den Anforderungen nach besseren Arbeitsbedingungen und Entlohnung der Fahrer, aber auch eine Gleichstellung der Firmen in allen EU-Ländern zu erreichen.

Der Brexit war ein weiteres Thema der vom BNR organisierten Diskussion „Ideen über Europa – Krise, Integration oder Desintegration, Perspektiven und Risiken“. Wie bekannt wurde der Austritt Großbritanniens aus der EU vorerst für den 12. April vertagt.

Ihre Meinungen zum Thema haben vier bulgarische Abgeordnete aus den verschiedenen politischen Familien dargelegt – Andrei Kowatschew von der Europäischen Volkspartei, Angel Dschambaski von der Allianz der Konservativen und Reformer, Georgi Pirinski von der Gruppe der progressiven Allianz der Sozialisten und Demokraten und Ilhan Kjutschuk von der Allianz der Liberalen und Diplomaten für Europa.

Andrei Kowatschew zufolge sei der einzige positive Effekt vom Brexit, dass in absehbarerer Zukunft es keine weiteren Länder geben werde, die dem Beispiel Großbritanniens folgen werden.

Angel Dschambaski erinnerte daran, dass die große Schuld für den Brexit auf die Einladung der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel an alle in den Konfliktzonen aus dem Nahen Osten Lebenden zurückzuführen sei, die die große nachfolgende Flüchtlingswelle verursacht habe, vor der sich London schützen wolle.

Ilhan Kjutschuk erklärte den Brexit mit einem radikalen Angriff auf die EU, denn die Union werde von einem Land verlassen, dass 11 Milliarden Euro zum gemeinsamen Budget beitrage, über Kernwaffen und einen Platz im UN-Sicherheitsrat verfüge.

Nach Ansicht von Georgi Pirinski ist der Austritt Großbritanniens aus der EU ein Zeichen für eine tiefgreifende Krise in der Union, die darauf zurückzuführen sei, dass viele EU-Bürger, einschließlich in Bulgarien, die EU für das grundlegende Problem und nicht als Teil der Lösung betrachten. Pirinski zufolge sei das aber eine grundfalsche Haltung, die vielmehr auf eine emotionale Reaktion nach erlebten realen oder fiktiven Enttäuschungen von der EU zurückzuführen sei. Daher sei es sehr wichtig, dass jeder für sich die Frage beantwortet, welche Veränderungen und Prozesse innerhalb der EU stattfinden müssen und welche Parteien in dieser Richtung arbeiten.

Der Politologe Starchil Delijski äußerte ebenfalls eine interessante Ansicht über den Zustand Europas. Er behauptet, „dass Europa sich in einer offensichtlichen Sinnkrise befindet.“ Diese Krise sei auf den Austausch der Idee über ein soziales Europa, die in der Nachkriegszeit das Fundament der EU bildete, durch ein neoliberales politisches Programm, dass in den letzten 15 Jahren den Ton angibt, zurückzuführen.

Übersetzung: Georgetta Janewa



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