Als Teil des Veranstaltungen von „Plowdiw – Europäische Kulturhauptstadt 2019“ hat das Regionale ethnografische Museum der Stadt, das im alten Kujumschiews Haus untergebracht ist, eine interessante Ausstellung vorbereitet, die eine andere Sicht auf den Alltag während der Bulgarischen Wiedergeburtszeit gibt. Die Ausstellung „Die Zeit der Alafranga“ wird vom 18. April bis zum 18. Juni zu sehen sein. Mitorganisatoren sind das Gemeindeinstitut „Altertümliches Plowdiw“ und die Stiftung „Plowdiw 2019“.
„Alafranga ist ein spezifischer Stil in der Kultur aus der Mitte des 19. Jahrhunderts.“, erklärt die Kuratorin der Ausstellung Lora Hristosowa. „Die Stadt etablierte sich als wichtiges administratives, Handels- und Handwerkszentrum im europäischen Teil der Türkei. Die Kontakte mit Europa und dem Nahen Osten haben günstige Bedingungen geschaffen, die es ermöglicht haben, die patriarchale Welt zu lockern und sie für den modernen Lebensstil zu öffnen. Genau dieser Übergang von der Tradition zur Moderne wird als „a la Franga“ bezeichnet, was so viel heißt wie „nach französischer Manier“, erklärt Lora Hristosowa und präzisiert, dass diese Zeit nicht buchstäblich als französischer kultureller Einfluss aufgefasst werden dürfe, sondern als eine Zeit, in der sich die aus Europa kommende neue Mode allmählich einen Weg bahnt.
Die konservative orientalische Gesellschaft betrachtete den Stil Alafranga zunächst argwöhnisch, widerwillig und war sehr distanziert, doch allmählich konnte er sich als offizielle Stadtmode durchsetzen. Die Veränderung erfasste neben der Kultur auch alle anderen Lebensbereiche. Es kam zu einer Symbiose zwischen dem Traditionellen und Neuen, das aus dem Ausland gekommen war.
„Die Ausstellung zeigt die Neuheiten in der Inneneinrichtung der Häuser, die Möbel, wie sich allmählich die einzelnen Zimmer wie Küche, Schlaf- und Kinderzimmer formiert haben. Es tauchten Möbel auf, die einen konkreten Zweck erfüllten wie Bibliotheken, Nachtschränke, Schminktische, was es im Haus der Bulgaren früher nicht gab.“
Ein Bereich der Ausstellung zeigt die Entwicklung der Frauen- und der Männermode. Das Kleid galt als die offizielle Kleidung der Frau. Es sollte hell sein. Nur im Alltag waren dunkle Farben üblich. Eine Neuheit waren das Korsett und der Reifrock, bestimmte Accessoires für die Damen wie der Umhang, die Handschuhe, der Hut und der Regenschirm und bei den Herren die Krawatte, die Fliege und der Gehstock, erzählt Lora Hristosowa.
Dem modernen Nachrichtenwesen wurde eine andere Abteilung der Ausstellung gewidmet. Das erste Telefongespräch wurde 1879 in Bulgarien in Plowdiw durchgeführt. Ebenfalls in der Zeit der Alafranga fiel die Erste Plowdiwer Messe (1892), auf der Nähmaschinen der Marke Singer, Krupp-Waffen und der Phonograph von Edison vorgestellt wurden.
„Viele Neuheiten zu dieser Zeit wurden zum ersten Mal gerade in Plowdiw gezeigt. Darunter auch die erste Vorführung mit der so genannten magischen Laterne, Vorläufer des Kinematographen. Nach der Befreiung Bulgariens von der türkischen Fremdherrschaft wurde das erste Theater „Luxemburg“ und die erste professionelle Theatertruppe gegründet. 1878 erschien die erste bulgarische Zeitung des befreiten Bulgarien – Maritza. Die erste Weihnachtsliturgie in bulgarischer Sprache wurde in der Kirche „Heilige Mutter Gottes“ 1859 zelebriert. Auch der erste bulgarische Buchverlag wurde in Plowdiw von Hristo G. Danow gegründet.“
Mitte des 19. Jh. hielten einige kulinarische Neuheiten Einzug. Die Limonade und das Bier, das mit schwarzen Brötchen und Schinken gereicht wurde. Es wurde nicht mehr türkischen Kaffee getrunken, sondern das duftende schwarze Getränk in Porzellantassen genossen.
In dieser Zeit begann die Emanzipation der Frauen. Manche wagten es, Zigarillos zu rauchen, um das Image einer Femme fatale zu erlangen. Sehr populär wurden die Picknicks im Freien. Deshalb wird es eine solche Nachinszenierung geben, erläutert Lora Hristosowa.
„Wir werden einen Katalog mit einer Karte und einen Reiseführer präsentieren, der die Häuser Alafranga in der Altstadt aufführt.“
Alafranga werden übrigens auch die Wandnischen in den Häusern genannt, die mit Aussichten verschiedener Städte bemalt waren oder die zum Präsentieren wertvoller Gegenstände genutzt wurden.
Der Katalog soll den Touristen bei ihrem Rundgang durch die wunderschönen Häuser und der Besichtigung der Beispiele des Stils Alafranga in Plowdiw eine Hilfe sein, hofft die Kuratorin Lora Hristosowa.
Übersetzung: Georgetta Janewa
Fotos: Regionales ethnografisches Museum Plowdiw
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