Im bulgarischen Energiewesen gab es schon lange nichts Neues. Alles war vorhersehbar und lief glatt in Erwartung, wann die lange diskutierten, großen Regierungsprojekte endlich realisiert werden und insbesondere das ehrgeizige Vorhaben, Bulgarien in ein Verteilungszentrum für die Region zu verwandeln. Zu diesem Zweck soll der europäische Gas Hub „Balkan“ gebaut werden, der aus verschiedenen Quellen mit Gas versorgt werden soll, um es anschließend nahen und fernen europäischen Ländern anzubieten.
Doch es ist ein strategisches Projekt, das wohl kaum in absehbarer Zukunft realisiert werden wird. Ausschließlicher Gaslieferant für Bulgarien ist momentan der russische Staatskonzern Gasprom. Dennoch gibt es im dichten „Gasnebel“ einen Lichtblick. Es laufen Gasprojekte mit den Nachbarstaaten Griechenland, Türkei und Serbien. Das wohl bedeutendste Ereignis der letzten Tage war der Kauf von 140 Mio. Kubikmeter Flüssiggas aus den USA durch Bulgargas. Die Lieferungen werden bereits abgewickelt und beweisen, dass die Regierung fest entschlossen ist, neue Wege und Quellen für die Gasversorgung zu suchen, dazu noch zu attraktiveren Preisen als die russischen.
Tatsächlich ist die importierte Menge alternatives Gas symbolisch – 140 Mio. Kubikmeter vor dem Hintergrund der von Bulgarien benötigten 3,5 Mrd. Kubikmeter Gas jährlich, doch es ist ein Anfang und ein markantes Ereignis in der bulgarischen Energiepolitik.
Die Nachricht über die alternative Gaslieferung ist in Russland sicher nicht unbemerkt geblieben, hoffen die Experten und erinnern daran, dass im kommenden Jahr mit den Russen neue Verhandlungen über die Gaspreise für die kommenden zwei Jahre anstehen. Es bestünde die Hoffnung, dass die Gaspreise für Bulgarien, die zu den höchsten in Europa gehören, gesenkt werden.
In diesem Kontext zu sehen ist auch der erste Spatenstich für den Gas-Interconnector ICGB zwischen Bulgarien und Griechenland, der im kommenden Jahr fertig gestellt werden soll – mit einer Kapazität, die ungefähr dem Gasverbrauch des Landes entspricht. Bulgarien erfülle die ihm gestellten Aufgaben, die Infrastruktur zu bauen, die für die Versorgung der Region mit Gas benötigt werde, erklärte Premier Bojko Borissow bei der Zeremonie. Diese Anlage werde Bulgarien erlauben, Flüssiggas aus dem Gasterminal bei Alexandrupolis und Aserbaidschan zu beziehen, mit dem Sofia einen Vertrag über die Lieferung von einer Milliarde Kubikmeter Gas jährlich ab dem kommenden Jahr habe.
Bereits im Bau ist auch die Gasverbindung zu Serbien. Die Energieminister beider Länder, Temenuschka Petkowa und Alexander Antic, haben am Montag versichert, dass sie bis 2022 fertig sein werde.
Während die alternativen Projekte laufen, bleibt Russland der wichtigste Gaslieferant für Bulgarien. Diese Energieabhängigkeit ist historisch und geografisch begründet. Bulgarien blickt auf diese Abhängigkeit auch durch das Prisma der eigenen Interessen. Nicht zufällig hat es die Fortsetzung von Turkish Stream durch das eigene Territorium erlaubt, sich mit dem Bau der notwendigen Anlagen und dem Transport von Gas in Richtung Mittel- und Westeuropa gegen Transitgebühr engagiert.
Diese Entwicklungen geben Sofia den Anreiz und die Courage, eine größere Energiesicherheit und Unabhängigkeit anzustreben, in dem es die Gasverbindungen zu den benachbarten Ländern festigt und ausbaut.
Übersetzung: Georgetta Janewa
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