In letzter Zeit steigen die Gehälter in Bulgarien um 7 bis 10 Prozent pro Jahr. Trotzdem sind sie weiterhin die niedrigsten innerhalb der EU. Der monatliche Durchschnittslohn in unserem Land liegt derzeit bei ca. 600 Euro. Die Gewerkschaften haben ausgerechnet, dass sich die Lebenshaltungskosten einer vierköpfigen Familie in Bulgarien momentan auf 1.251 Euro monatlich belaufen. 71,3 Prozent unserer Landsleute bekommen aber weniger. Immerhin sind die Gehälter im Aufwärtstrend, so dass sich manch einer die vor der Wende erschwinglichen In- und Auslandsferien am Meer oder in den Bergen ins Gedächtnis gerufen hat.
Laut Eurostat können sich bereits 70 Prozent der Bulgaren einen einwöchigen Urlaub leisten und das entspricht in etwa dem EU-Durschnitt. Geld ist aber nicht der einzige Faktor, wenn es darum geht, ob man in den Urlaub fährt oder nicht. Wichtig ist auch, einen passenden Ferienort und ein Hotel zu finden, das den bescheidenen Finanzen entspricht, über die nun mal der Großteil der Bulgaren verfügt. Das bedeutet, dass die meisten Landsleute einen einwöchigen Urlaub unweit von Zuhause planen, ohne viel Luxus und ohne sich groß zu verwöhnen.
Das belegt auch eine Studie von „Market Links“. Sie zeigt, dass sich die meisten Bulgaren vor allem für die heimische Schwarzmeerküste entscheiden, dass sie aber auch wachsendes Interesse für nahe und leicht zugängliche Destinationen wie Griechenland und die Türkei bekunden. Davon sprechen auch die kilometerlangen Auto-Warteschlangen an den Grenzpunkten zu unseren südlichen Nachbarländern. Während der Hochsommersaison muss man stundenlanges Warten an der Grenze in Kauf nehmen, zumal sich den Reisenden aus Bulgarien auch Zehntausende Touristen aus Rumänien, der Ukraine, Polen und anderen ost- und mitteleuropäischen Ländern sowie türkische Gastarbeiter aus ganz Europa dazugesellen. Die bulgarischen, griechischen und türkischen Grenzbeamten tun ihr Bestes, um die Dokumente und PKWs schnellst möglich zu checken und abzufertigen, doch die vom langem Warten und der Hitze genervten Urlauber wissen das nicht immer zu schätzen.
Es gibt aber auch andere Gründe, warum die Bulgaren immer mehr einen Meeresurlaub in Griechenland oder in der Türkei vorziehen. Bulgarien ist ein wunderschönes Land, kann ausgezeichnete Hotels, schmackhafte Speise und bemerkenswerte Weine bieten. In unmittelbarer Nähe der Strände mit feinkörnigem, goldfarbigem Sand liegen frischgrüne Wälder und Berge. Die ewig unzufriedenen Bulgaren haben in der Tat eine herrliche Natur und geben das auch zu. Ein boomender Tourismus geht aber auch mit guter Organisation, strikten Regeln und einem marktorientierten Verhalten der Hotel- und Restaurantbetreiber einher. Und genau hier sind die meisten Probleme, die die Bulgaren von der heimischen Schwarzmeerküste vertreiben. Die Medien berichten ständig von Beschwerden über die viel zu teuren Schirme und Strandliegen auf Stränden in Konzession, für die teilweise 20 bis 30 Euro pro Tag verlangt werden.
Es stimmt zwar, dass die Sommersaison in Bulgarien nur drei Monate dauert, im Unterschied zur Sommersaison in den weiter südlich gelegenen Griechenland und Türkei. Diese drei Monate sind für die Unternehmer in Bulgarien überlebenswichtig, weil sie mit dem Geld, das sie in dieser Zeit verdienen, bis zum nächsten Sommer auskommen müssen. Und das geht mit höheren Preisen einher.
Ungeachtet der ständig nach oben kletternden Preise ist Bulgarien aber weiterhin ein günstiges Reiseland. Doch das gilt vor allem für Touristen aus wohlhabenden Ländern. Für die Bulgaren wird ein Urlaub in der Heimat immer teurer und unerschwinglicher, vor allem in Vergleich zu den nahen Feriendestinationen Griechenland und Türkei, die sich internationaler Beliebtheit erfreuen. Dort sind die Preise etwas höher als in Bulgarien, aber vor dem Hintergrund etlicher Vorteile in Sachen Natur, Kultur, Geschichte und Klima können sie leichter akzeptiert werden. Und so ziehen viele Bulgaren einen Urlaub im Ausland vor. Das bestätigt auch die offizielle Statistik. Sie belegt, dass unsere Landsleute im Juni 2019 öfter ins Ausland gereist sind als im gleichen Monat 2018. Die Reisen waren insgesamt 717.100 an der Zahl (10 Prozent der bulgarischen Bevölkerung) oder 5,9 Prozent mehr als im Juni vergangenen Jahres. Am meisten haben die Reisen in die Türkei zugelegt – um 15,4 Prozent, gefolgt von Rumänien mit 7,8 Prozent und Griechenland mit 6,2 Prozent.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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