Die Plätze, Kirchen und Galerien, aber auch die versteckten Ecken des alten Plowdiw werden in geteilte Räume für Kunst, Werte und Zukunftsvisionen über die Welt verwandelt. Nach einer einjährigen Pause wird das Festival „Night Plovdiv“ erneut der Stadt seinen Stempel aufdrücken, um die Gespräche inniger zu gestalten, die Sinne zu schärfen und die Seelen für neue Erlebnisse, neues Wissen und neue Treffen zu öffnen.
Das nächtliche Festival wird an diesem Freitag (13. September) beginnen und innerhalb von drei Tagen insgesamt 120 Ereignisse an 85 Orten der Stadt bieten. Mittels des Mottos „Gemeinsame Orte“ werden die Einwohner und Gäste von Plowdiw daran erinnert werden, wie wichtig es ist, unabhängig aller Unterschiede, Gemeinsinn zu zeigen.
„Wir wollen darauf aufmerksam machen, wie wichtig es ist, über die gemeinsamen Dinge nachzudenken“, sagte uns Vladiya Mihaylova, Kuratorin von „Night Plovdiv“. „Jeden Tag ereilen uns Nachrichten über Teilung, neue Grenzen, die Spaltung der Gesellschaft und die gegenseitige Verfremdung und Aggressivität. Wenn man über gemeinsame Dinge nachdenkt, ist es ganz anders, denn es gibt immer Dinge, die uns vereinen können. Nehmen wir beispielsweise die Menschenrechte, auch wenn das sehr abgedroschen klingt. Sie sind eine der großen Errungenschaften unserer Zivilisation. Genannt seien auch die Freiheit und den uneingeschränkten Zugang zu Luft und Wasser, denn es gibt auf der Welt noch Menschen, die davon ausgeschlossen werden. Es werden neue Ungleichheiten geschaffen, anstatt sich um die Bedürfnisse der Menschen zu kümmern und ihnen ein würdiges Leben abzusichern.“
Das Thema über die Gemeinschaften, die individuellen Rechte, das Gedächtnis u.a. werden Künstler auf ihre Weise verarbeiten und ihre Werke in der Altstadt von Plowdiw präsentieren.
Interessante und ungewöhnliche Künstler aus den USA, Israel, Bosnien und Herzegowina, der Türkei, Tschechien und Polen werden Weltkultur in Plowdiw zeigen. Unter ihnen sind „L“ aus Los Angeles, der das römische Stadion mit Hilfe „spiritueller Rituale“ in einen Tempel verwandeln wird, und die japanische Tänzerin Saori Hala.
„Bei ihrer Arbeit handelt es sich um ein Video, das auf ein Gesetz aus der Zeit der osmanischen Fremdherrschaft zurückgeht, das den Bau von Kirchen einschränkte“, erzählt weiter Vladiya Mihaylova. „Im Osmanischen Reich hat man streng zwischen „Rechtgläubigen“ (Moslems) und „Ungläubigen“ unterschieden. So mussten sich die Nichtmoslems unscheinbarer kleiden und wenn sie einem Moslem begegneten vom Pferd steigen. Die Kirchen mussten ihrerseits niedrig sein – nicht höher als die gewöhnlichen umliegenden Häuser, und durften keinen Glockenturm besitzen.“
All die Kunsterlebnisse werden unter freiem Himmel stattfinden, den nicht nur die Sterne, sondern auch drei große Monde beleuchten werden.
„Matera – die Stadt, die zusammen mit Plowdiw zur Kulturhauptstadt Europas erklärt wurde, hat uns drei Monde geschickt, die wir an verschiedenen Stellen der Stadt anbringen werden. Sie sollen an die erste erfolgreiche Mond-Mission von 1969 erinnern“, erzählt die Kuratorin. „Und da wir von gemeinsamen Orten, wie dem Mond, sprechen – so utopisch und irreal das klingen man – er ist ein solcher gemeinsamer Ort, denn laut dem sogenannten Mondvertrag gehört alles das, was mit ihm in Verbindung steht der gesamten Menschheit.“
Ausstellungen, die die Vergangenheit der Stadt aufdecken, aber auch mit Hilfe der Technologien einen Blick in die Zukunft werfen, Treffen mit zeitgenössischer Kunst, mit Restauratoren der Großen Basilika aus dem 4. Jahrhundert, die die größte bisher in Bulgarien entdeckte ist... Das Programm von „Night Plovdiv“ ist vielgesichtig wie das historische Erbe der Stadt selbst. Und da die Einwohner Plowdiws einen Sinn für Gedächtnis und Kontinuität besitzen, werden sie am Ende des Festivals eine Zeitkapsel herstellen, in der sie die Frage beantworten werden „Wie soll Plowdiw, die Stadt in der ich lebe, in 20 Jahren aussehen?“
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: Archiv
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