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Europa der Minderheiten

Warum die ethnischen und kulturellen Minderheiten in Europa eines Schutzes bedürfen und was die Europäische Union in diesem Zusammenhang unternimmt

Rund 8 Prozent der Bürger der Europäischen Union gehören Minderheiten an; etwa 10 Prozent sprechen eine regionale oder Minderheitensprache. Das weisen die Angaben aus, die in einer Resolution des Europäischen Parlaments zitiert werden. Sie belegen die Tatsache, dass Europa aus einem Mosaik an Kulturen, Sprachen, Religionen und Traditionen besteht, das Menschen mit gleichen Werten vereint. Ihnen gemeinsam ist auch die Einsicht, dass allen diesen Bürgern das Recht zusteht, auf der Straße oder an anderen öffentlichen Orten in ihrer Muttersprache zu sprechen und das ohne Angst vor Repressalien.

Der Begriff „Minderheit“ besitzt jedoch weiterhin keinen gesamteuropäischen Rechtsrahmen. Er wird in verschiedenen internationalen Dokumenten gedeutet, aber eine klare Definition gibt es bislang noch nicht. Das ist auch einer der Gründe, dass die einzelnen Staaten auf verschiedene Weise an den Begriff „Minderheit“ herangehen. In Deutschland beispielsweise begnügt man sich damit, die ethnischen bzw. Sprachminderheiten aufzuzählen, wie Dänen, Lausitzer Sorben, Friesen, Sinti und Roma. In Ländern wie Belgien wiederum, aber auch in Staaten außerhalb der Europäischen Union, wie Russland und Moldawien, wird eine allgemeine Definition des Minderheitenbegriffs gegeben, dafür werden aber die ethnischen und Sprachminderheiten nicht aufgezählt.

Auf ähnliche Weise ist auch die Frage nach der Finanzierung der einzelnen Gemeinschaften geregelt, mit dem Ziel, ihr nationales Bewusstsein, ihre Kultur und Sprache zu bewahren. Diese Einzellösungen zeugen aber nicht wenig Probleme und sorgen für Unsicherheit unter den Gemeinschaften, die sich um den Erhalt ihrer Kultur und ihrer Traditionen bemühen.

In Bulgarien besteht ein Rechtsrahmen, der allen Menschen, unabhängig ihrer nationalen Zugehörigkeit, Rasse, Religion und sozialen Herkunft gleiche Rechte garantiert. Zu den Vollmachten des Außenministers zählt wiederum der Schutz der bulgarischen nationalen Minderheiten im Ausland. Die Gemeinschaften der Auslandsbulgaren haben jedoch Probleme, die nötigen Mittel für ihre Tätigkeit aufzubringen.

Der Journalist Josif Davidov von der bulgarischen Zeitung in Spanien „Nova Duma“ behauptet, dass die Finanzhilfe für die bulgarischen Medien im Ausland wichtig sei, nicht jedoch nur wegen deren Aufrechterhaltung, sondern auch in Bezug auf die Ziele, die sie sich stellen:

Jeder Bulgare in Spanien, in Madrid, der dort ein eignes Geschäft hat – ein Lokal oder eine Werkstatt, ist in der Lage, 50.000 Euro zur Verfügung zu stellen. Der Staat schafft es jedoch nicht. In Rumänien – wir geben auch eine Zeitung auf Rumänisch heraus, gibt es ein Ministerium für die Auslandsrumänen. Jedes Jahr startet es einen öffentlichen Auftrag und gewährt den rumänischen Medien im Ausland zwischen 10.000 und 15.000 Euro.“

In Kroatien, das ebenfalls Mitglied der Europäischen Union ist, finanziert der Staat die Minderheiten und deren Tätigkeiten. Diana Glasnova gibt in Zagreb die Zeitschrift „Rodna riječ“ heraus, die auf Bulgarisch und auf Kroatisch erscheint und für die dortigen Bulgaren, aber auch für die einheimischen Kroaten gedacht ist:

Wir wollen die Kroaten über uns Bulgaren und Bulgarien näher informieren. Wie sonst könnte man eine Minderheit achten, wenn man sie nicht kennt. Aus diesem Grund schreiben wir auf Bulgarisch und auf Kroatisch und sind damit die Einzigen, die so etwas auf die Beine bringen. Unsere Zeitschrift liest auch der kroatische Präsident, lesen die Minister der Regierung und sie wird seit vier Jahren von der Kongressbibliothek in Washington erworben. Unsere Zeitschrift wird vollends vom kroatischen Staat finanziert. Ähnlich ist es auch um alle anderen Minderheiten im Land bestellt.

Um die Bedingungen für die nationalen und Sprachminderheiten in Europa zu vereinheitlichen, verabschiedete das Europäische Parlament am 13. November vergangenen Jahres eine Resolution, mit der es die Europäische Kommission auffordert, sogenannte Mindeststandards für die Minderheiten in der Europäischen Union zu erarbeiten. Einer dieser Standards betrifft die gleichen Möglichkeiten der Minderheiten, sich am politischen und sozialen Leben zu beteiligen. Genannt wird auch die Unterstützung des Wissens und der Fähigkeiten der Minderheiten zur Entwicklung des Kulturerbes, einschließlich der Einrichtung und Unterhaltung von materiellen Kulturfons. Gefördert wird ferner die Verwendung der Minderheitensprachen in den Medien und die Lizenzvergabe für Mediendienstleistungen der Minderheitengruppen. Außerdem werden Themen angeführt, wie der Zugang zur Bildung in der Muttersprache und der offiziellen Sprache des Landes, in dem die Menschen leben sowie die Beseitigung administrativer und finanzieller Hürden vor der Sprachenvielfalt oder dem Zugang zu allen Berufen, die in dem jeweiligen Land ausgeübt werden.

Nun ist die Europäische Kommission am Zug. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte in ihrer Rede vor ihrem Amtsantritt, dass sie die Obrigkeit des Gesetzes für jeden einzelnen Bürger der Europäischen Union verteidigen werde. Das stehe im Zentrum ihrer Vision von einer Union der Gleichheit, Toleranz und sozialen Gerechtigkeit.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow



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